Mensch, wo bist du?

„Mensch, wo bist du?“ Etwas genervt sprach ich in mein Handy.

„Wir wollten uns um fünf hier treffen.“

„Ja, vor der Tür.“

„Ich warte…!“

Etwas genervter steckte ich mein Telefon wieder in die Tasche, schaute auf die Uhr. Mein Atem bildete kleine Wolken vor meinem Gesicht. Ich ließ meinen Blick über die Straße schweifen.

Und dann: Einer dieser Momente, in denen man sich selbst über die Schulter guckt. Die Kamera zoomt raus und man nimmt alles auf einmal wahr:

Die Lichterketten. Das gestreute Licht – rot, gelb, weiß – auf den nassen Pflastersteinen. Künstliche Tannenzweige. Die Leute mit den Tüten. Die anderen mit Bechern in der Hand. Musikfetzen. Drei Männer mit Klarinette, Akkordeon, Gitarre. Eine Frau mit zerfleddertem Pappbecher in den behandschuhten Fingern. Ein weinendes Kind. Ein junger Mann mit Hund und Pappschild vor den Füßen. Zwei ältere Damen, die goldenen Jacken im Karo gesteppt, plaudernd. Eine junge Familie mit Kinderwagen. Eine Gruppe lauter Jugendlicher. Mehr Menschen mit Taschen. Ich.

Ich schaute wieder auf die Uhr. Mein Blick wanderte in den dunklen, von der Stadt orange gefärbten Himmel. Genervt zückte ich mein Smartphone.

Mensch, wo bist du?

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Jeden Tag ein neues Törchen. Dieser Beitrag ist Teil unseres Adventkalenders 2016 zum Thema Mensch werden. Alle weiteren Einträge findest du in unserem Archiv unter Adventskalender 2015 oder in unserem Online Adventskalender.

Lichtblicke

Der Duden formuliert nüchtern, aber sehr treffend:

Licht­blick, der: erfreuliches Ereignis, erfreuliche Aussicht während eines sonst eintönigen oder trostlosen Zustandes

Beruflich begegne ich vielen Menschen und merke immer öfter, wie schön und bereichernd diese unterschiedlichen Begegnungen sind und wie gut sie mir tun.

Gerade in dieser dunklen Jahreszeit und geschmückt mit einer Melancholie aus persönlichem Jahresrückblick und vergeigten Vorsätzen geben mir diese Lichtblicke die nötige Motivation.

Privat investiere ich zu wenig Zeit, um den Menschen zu begegnen,
die mir Lichtblicke verschaffen.
Wenn es gerade eintönig oder trostlos ist, erscheinen sie am Horizont.
Wie das Licht eines Leuchtturmes in der Nacht.
Ganz kurz.
Und dann sind sie auch schon wieder vergangen.

Lichtblicke – ob beruflich oder privat:
Sie lassen mich mein Mensch-Sein manchmal besser ertragen.
Lichtblicke – ob beruflich oder privat:
Sie lassen mich mutig und voll Hoffnung und Vertrauen das Mensch-Werden
immer wieder aufs Neue wagen.

Auf geht’s!

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Jeden Tag ein neues Törchen. Dieser Beitrag ist Teil unseres Adventkalenders 2016 zum Thema Mensch werden. Alle weiteren Einträge findest du in unserem Archiv unter Adventskalender 2015 oder in unserem Online Adventskalender.

Mein Glaube, eine Verschwörungstheorie?

Erde flach? Hillary Reptiloid? Verschwörungtheoretiker ruft bei Domian an

Hach, wie ist das schön absurd: Die Erde ist eine Scheibe, Hillary Clinton ein Reptiloid – und natürlich liegen wir, die wir das (vermutlich zum Großteil) nicht glauben, alle falsch, weil wir uns nicht richtig im Internet informieren. Verschwörungstheorien haben Hochkonjunktur, und das Internet liefert selbst den größten Spinner*innen ein Forum, ihre kruden Thesen zu verbreiten.

Ich frage mich, ob es nicht in manchen Dingen Parallelen zu meinem Glauben gibt. Nicht inhaltlich, sondern strukturell. Verkommt nicht auch der Glaube hin und wieder zu einem unanfechtbaren System, in dem Zweifel keinen Platz haben? Zu einem System, das mit der Realität nichts mehr zu tun hat? Ist mein Glaube etwas, bei dem ich Angst habe, es kritisch zu hinterfragen – weil sonst alles zusammenbrechen könnte?

Damit mein Glaube für mein Leben relevant ist und bleibt, muss ich mich genau das trauen: Mich selbst zu hinterfragen. Ich muss Zweifel zulassen, darf nicht an Dogmen nur um der Dogmen Willen festhalten. Ich darf nicht zum Verschwörungstheoretiker werden, der in einer abgekapselten Traumwelt lebt.

Habe ich Angst, dass bei diesem Prozess liebgewonnene Glaubenssätze verloren gehen? Vielleicht, manchmal. Aber diese Angst muss ich nicht haben. Heißt Glaube nicht auch Vertrauen? Vertrauen auf Gott – und darauf, dass bleibt, was wichtig ist.

Welcher Weg denn jetzt?

Gott, lass meine Gedanken sich sammeln zu dir.

Einmal durchatmen. Ich lasse den Blick in die weite streifen. Die Sonne geht auf. Der Nebel zieht weg. Ich atme ein. Kalte Luft füllt die Lunge. Ich atme aus. Wolken bilden sich. Meine Gedanken kreisen. Das eine könnte ich noch. Das andere geht nicht mehr. Hier noch schnell was machen. Hab ich da etwas vergessen? Ich atme ein. Mich sammeln. Geht gar nicht mal so schnell. Bei dir? Geht gar nicht mal so einfach.

Bei dir ist das Licht, du vergisst mich nicht.

Puh. Ob das so stimmt? Du vergisst mich nicht? Nimmst den Mund doch ganz schön voll. Kannst du halten, was du versprichst? Ich atme ein und wünsche mir, dass es stimmt. Dass du auch an mich denkst.

Bei dir ist die Hilfe, bei dir ist die Geduld.

Dass du mir eine Hilfe bist. Dass du mir hilfst geduldiger zu sein. Auch mal abzuwarten. Eine Stille zu nutzen, um herauszufinden was ich will.

Ich verstehe deine Wege nicht,

Ich atme aus und genauso unberechenbar wie die sich bildenden Formen des Atems fühlt sich der Weg an, auf dem ich bin. Da geht es entlang und dann ist es weg.

aber du weißt den Weg für mich.

Das ist wohl alles, was mir bleibt. Die Sonne ist aufgegangen. Der Nebel ist weg. Meinen Atem sehe ich nicht mehr. Ich fang‘ dann mal meinen Tag an.

Das Jahr deines Lebens

… mit diesem Versprechen wirbt die neue Werbekarte meiner Kolleg*innen aus dem Bereich Freiwilligendienste zu einem Freiwilligen sozialen Jahr.

Als sie mir in die Hand gefallen ist, musste ich erstmal überlegen, was das Jahr meines Lebens war – das, in dem ich meinen Schulabschluss gemacht habe – mit unzähligen Feiern, Weinfesten und dem Gefühl, mit der Stufe was RICHTIG Großes auf die Beine gestellt zu haben? Das Jahr, von dem ich vier Monate in Schweden auf tollen Höfen verbracht habe? Oder ist es dieses jetzt gerade – die Abschlussarbeit im Nacken und den ersten Job gerade angetreten?

Manchmal habe ich Angst, dass mir das zu viel wird oder dass ich mein letztes tolles Studienjahr verpasse. Und gleichzeitig merke ich: Hier gehöre ich hin. (wie Madeleine vorletzte Woche schrieb: Hier bin ich richtig)!

Das wird jetzt mein Jahr, meine Zeit, meine Herausforderung. Und gleichzeitig kommt die Erkenntnis: Dieses einzige perfekte Jahr gibt es nicht – zumindest so lange nicht, wie ich es nicht dazu mache.

Eines ist allen Jahren gleich, egal ob sie Schicksalsschläge bergen, einfach dahinfließen oder auf die Liste der „Jahre meines Lebens“ kommen: Gott geht mit. Das macht die Jahre nicht besser, als sie sind. Aber es schafft Vertrauen und die Hoffnung, sich nicht alleine durch dieses Leben wurschteln zu müssen.

Plädoyer für ein altes Wort

Sprachen sind etwas Lebendiges – sie verändern sich, schaffen neue Worte, übernehmen Ausdrücke aus anderen Komunikationsgemeinschaften und andere Begriffe werden aussortiert, wenn sie keiner mehr benutzt. Das ist ganz normal – Menschen und Kulturen verändern sich, ihre Kommunikation auch.

Dennoch finde ich es schade, dass manche Worte uns scheinbar „verloren gehen“. Auch, wenn sie meistens durch ein neues Wort ersetzt werden. Aber jedes Wort hat doch eine eigene Nuance, sonst gäbe es dieses ja auch gar nicht.

Ein Wort, das ich kaum noch zu Ohren bekomme, ist „beherbergen“ – außer in Jugendherberge oder der Weihnachtsgeschichte lese ich es eigentlich nie. Wodurch es ersetzt wird, ist schwer zu fassen. „Gastfreundschaft“ fällt bestimmt in den Bedeutungsbereich. Auch dieses Wort ist wunderschön und erzählt davon, dass Menschen ihre Türen öffnen, um andere einzulassen. Die/der Andere ist dann ein Gast und zwischen uns gibt es eine Freundschaft.

Aber „Beherbergen“ verknüpfe ich mit etwas anderem. In meiner Phantasie ist eine Herberge einfach, man teilt Räume, Tisch und Badezimmer. Es braucht dafür nicht ein extra hergerichtetes „Gästezimmer“, sondern lediglich eine*n, die/der einfach die Tür aufmacht. Damit ein*e andere*r eintreten kann, für eine ungewisse Dauer, aus verschiedensten Gründen. Ob die Beteiligten sich vorher schon kannten, spielt keine Rolle. Ob sie nach der Beherbergung noch in Kontakt bleiben – wer weiß das schon. Wichtig an der Herberge ist nur, dass die Tür aufgemacht und das Leben (von A wie apfelgrüne Bettwäsche, über M wie Musik, S wie Sorge bis zu Z wie Zahnpasta) dahinter geteilt wird.

Für eine gewisse Zeit, die Beherbergte und Beherbegende miteinander ausmachen. Für die Zeit des Sturmes, für die Dauer des Krieges, für einen Sommer, bis der Streit woanders vorbei ist, bis die Renovierung fertig ist.

Das alles steckt für mich in diesem wunderschönen Wort. Zu schön, um es aus unserer Sprache zu verbannen. Zu wichtig, um es zu vergessen.

In Kooperation mit katholisch.de befassen wir uns die Fastenzeit mit den 7 Werken der Barmherzigkeit. Montag, Dienstag, Mittwoch, Freitag und Samstag veröffentlichen wir einen Gebetsimpuls auf der katholisch.de Facebookseite. Und jeden Sonntag einen Gedanken auf unserem Blog. Alle Gedanken sind unter Fastenaktion 2016 abrufbar. #barmherzlich

Das Säuseln

Lautes Böllergeknalle läutete vor 10 Tagen das neue Jahr ein. Der Himmel wurde mit allen möglichen Farben erhellt und viele setzten sich neue Vorsätze. Dieses Jahr kann doch nur besser werden als das letzte. Jetzt endlich starte ich durch.

Ein kollektiver Sinneswandel wurde mit bunten Funken und lauten Böllern eingeleitet. Ab jetzt laufen gehen. Endlich wieder fit sein. Schluss machen mit dem, was eine*n ärgert. Das neue Jahr bietet all diese Möglichkeiten und vor allem eine Begründung sich zu verändern.

Ich gebe zu, ich habe auch meine Vorsätze. Aber wenn ich daran denke, wann sich was in meinem Leben geändert hat, dann war das nur ganz selten durch einen lauten Knall. Eher so Knallerbsen. Kurzes Erschrecken. Lachen. Dann selber welche werfen.

Vielmehr war es immer wieder ein Säuseln.
Etwas ganz Leises. Für keine*n anderen hörbar.

Und egal, wie laut das Feuerwerk an Silvester ist „nach dem Feuer kam ein sanftes, leises Säuseln.“ (1. Kön 19, 12)

Ich mag Feuerwerk.
Aber an meinem Leben ändert das nichts.

Weihnachtsprobleme

Ich habe so meine Probeme mit Weihnachten.

Jetzt nicht direkt mit dem Fest an sich, nicht mit der Nachricht, um die es geht.
Darüber will ich heute aber auch nicht reden – heute bin ich nicht der Theologe, der die Weihnachtsgeschichte auslegt.

Heute frage ich mich einfach: Wie soll ich das denn überstehen?

Frei auf der Arbeit – Keine Vorlesungen. Der schöne Alltag, an den ich mich klammere, verpufft.
Dann geht es auf in die Heimat. Mit Sack und Pack zu Mama und Papa.

Der Weihnachtsbaum ist – wie jedes Jahr- irgendwie schief und kahl, weil „sich irgendjemand zu spät drum gekümmert hat ihn zu besorgen.“
Wer genau dafür zuständig war ist unklar – wie jedes Jahr.
Ich war es nicht. (Zum Glück!)

Die Deko ist mir zu hell, zu viel, zu bunt.
Die Küche ist mir zu klein, zu laut, zu unübersichtlich, wenn alle gleichzeitig mitwirken wollen am Weihnachtsbraten.
Das Wohnzimmer zu vollgestellt, zu Kerzenlicht, zu warm. (Mal ehrlch: 25 Grad?!)

Wir schaffen es irgendwie durch Essen, Bescherung und Weihnachtslieder durch, ohne zu streiten.
Jacke an, die Glocke läutet: Abendmesse.

Weil wir „einen guten Platz brauchen, wo man auch was sieht“ sind wir eine gefühlte Stunde zu früh in der Kirche.

Warum tu ich mir das jedes Jahr an?

Vielleicht, weil es genau darum geht (jaa, ich weiß, der Theologe lässt grüßen).
Weihnachten ist etwas, dass man übersteht.
Wo man über sich und den Dingen einfach mal drüber steht. Groß ist.
Den*die andere*n annimmt – genau wie er*sie ist.
Ich schlucke meinen Ärger über Deko, Famille und Braten runter.

Nach der Messe gibt’s noch ein Glas Sekt.

Und ich habe tatsächlich einen tollen Abend.

Überstanden.

Fürchtet euch nicht!

Hin und wieder packt mich die Angst.

Und dann beherrscht sie mein Denken und Fühlen.

Und selbst wenn sie unbegründet ist: Ich kann sie nicht immer alleine abstellen. So sehr ich es auch will.

Dann brauche ich jemanden, der*die sagt: „Du brauchst keine Angst zu haben.“

Theoretisch kann das mein eigener Verstand zwar auch. Aber manchmal muss es eben ein*e andere*r sagen. Und nicht irgendein*e andere*r. Am liebsten meine Familie oder meine Freund*innen.

Und wenn die Angst begründet ist?

„Fürchtet euch nicht…“ Für mich sind das magische Worte an Weihnachten. Vielleicht nicht unbedingt die zentralen. Und doch packen sie mich jedes Jahr aufs Neue.

„Ihr braucht keine Angst zu haben!“

Ich kann nur hoffen, dass mir die Worte einfallen, wenn die Angst begründet ist und weder mein eigener Verstand noch die Worte meiner Eltern und Freund*innen helfen können.

Und ich will hoffen, dass sie Recht behalten.

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Jeden Tag ein neues Törchen. Dieser Beitrag ist Teil unseres Adventkalenders 2015 zum Thema Aufbruch & Abbruch. Alle weiteren Einträge findest du in unserem Archiv unter Adventskalender 2015.