Ich bin nur ein Mensch

Christina Perri - Human [Official Video]

Es gibt ein Lied von Christina Perri, an das ich in letzter Zeit oft denke. „Human“ heißt es. Sie singt darin:

I can do it
But I’m only human
And I bleed when I fall down
I’m only human
And I crash and I break down
Your words in my head, knives in my heart
You build me up and then I fall apart
‚Cause I’m only human

Ich bin nur ein Mensch, ich blute, wenn ich falle. Ich bin nur ein Mensch, ich mache Fehler und entschuldige mich bei dem*rjenigen, den*die ich verletzt habe. Ich kann aber auch verzeihen und anderen etwas Gutes tun. Als Mensch bin ich nun mal nicht unfehlbar. Gleichzeitig erwartet die Gesellschaft von uns aber immer häufiger, dass wir uns unfehlbar geben, auf Knopfdruck funktionieren wie Maschinen und keine Schwäche zeigen.

Ich kann als Mensch vieles, auch anderen etwas vormachen – wie oft geht es uns nicht gut und wir antworten auf die Frage dennoch: mir geht es gut. Wir lächeln gezwungen, tanzen und singen, dabei möchten wir uns verstecken. Wir können das, aber verleugnen wir uns nicht dabei? Versuchen wir nicht so uns anzugleichen, unsere Individualität zu verstecken?

Ähnlich ist es auch im Videoclip zu „Human“. Christina Perri steht, sitzt und läuft, verletzlich und leicht bekleidet. Ohne jegliche Zusätze, die von ihr ablenken könnten. Sie steht ganz im Fokus. Zwischendurch werden einzelne Körperteile von ihr beleuchtet, im Inneren ist sie eine Maschine. An einer Stelle bricht sie aus der Perfektion aber aus, sie wird ganz sie und ihre Tattoos sind nicht mehr überschminkt. Man sieht Christina Perri, den Menschen, nicht ihre Fassade.

Denn trotz meiner Fehler bin ich als Individuum gleichzeitig etwas ganz Großes, denn ich bin ein Mensch: Ich bin ich, einmalig, unverwechselbar. Jede*r von uns hat ihre*seine eigenen Interessen, einen Modegeschmack, eine Lieblingsmusik. Auch wenn wir von Seelenverwandtschaft reden, von Ähnlichkeiten, die kein Zufall mehr sein können, so ist jede*r dennoch ein Individuum. Es haben sich aber zwei gefunden, die zusammengehören.

Ja, als Mensch kann ich vieles, aber am Besten ist es doch, wenn ich einfach nur ich selbst bin.

logo_mensch werden

Jeden Tag ein neues Törchen. Dieser Beitrag ist Teil unseres Adventkalenders 2016 zum Thema Mensch werden. Alle weiteren Einträge findest du in unserem Archiv unter Adventskalender 2015 oder in unserem Online Adventskalender.

Mensch, wo bist du?

„Mensch, wo bist du?“ Etwas genervt sprach ich in mein Handy.

„Wir wollten uns um fünf hier treffen.“

„Ja, vor der Tür.“

„Ich warte…!“

Etwas genervter steckte ich mein Telefon wieder in die Tasche, schaute auf die Uhr. Mein Atem bildete kleine Wolken vor meinem Gesicht. Ich ließ meinen Blick über die Straße schweifen.

Und dann: Einer dieser Momente, in denen man sich selbst über die Schulter guckt. Die Kamera zoomt raus und man nimmt alles auf einmal wahr:

Die Lichterketten. Das gestreute Licht – rot, gelb, weiß – auf den nassen Pflastersteinen. Künstliche Tannenzweige. Die Leute mit den Tüten. Die anderen mit Bechern in der Hand. Musikfetzen. Drei Männer mit Klarinette, Akkordeon, Gitarre. Eine Frau mit zerfleddertem Pappbecher in den behandschuhten Fingern. Ein weinendes Kind. Ein junger Mann mit Hund und Pappschild vor den Füßen. Zwei ältere Damen, die goldenen Jacken im Karo gesteppt, plaudernd. Eine junge Familie mit Kinderwagen. Eine Gruppe lauter Jugendlicher. Mehr Menschen mit Taschen. Ich.

Ich schaute wieder auf die Uhr. Mein Blick wanderte in den dunklen, von der Stadt orange gefärbten Himmel. Genervt zückte ich mein Smartphone.

Mensch, wo bist du?

logo_mensch werden

Jeden Tag ein neues Törchen. Dieser Beitrag ist Teil unseres Adventkalenders 2016 zum Thema Mensch werden. Alle weiteren Einträge findest du in unserem Archiv unter Adventskalender 2015 oder in unserem Online Adventskalender.

10 Sekunden.

Manchmal stehe ich morgens auf und mache den Spiegeltest.
Der Plan dabei ist, mich zehn Sekunden lang im Spiegel anzuschauen.
Kein kurzer Blick beim Zähneputzen.

Kein schnelles Checken der Frisur bevor ich das Haus verlasse.
Nein, ich schaue dann wirklich zehn Sekunden – ohne etwas anderes zu tun.
Ich schaue und schaue und schaue.
Manchmal fällt mir der Spiegeltest leicht.

An anderen Tagen wiederum ist es schwieriger.
Das kann eitle Gründe haben und ist nach ein bisschen Arbeit im Bad wieder weggeschrubbt.
Aber dann gibt es die Tage, an denen ich es fast nicht schaffe.

Dann weiß ich, das irgendwo was im Argen liegt.
Dann merke ich, wo meine Schwächen liegen.
Was meine Fehler waren.
Und hoffe, ich bin Mensch genug für mich.
Wenn nicht, setzte ich alles daran es zu werden.

logo_mensch werden

Jeden Tag ein neues Törchen. Dieser Beitrag ist Teil unseres Adventkalenders 2016 zum Thema Mensch werden. Alle weiteren Einträge findest du in unserem Archiv unter Adventskalender 2015 oder in unserem Online Adventskalender.