Das Loch in der Kirche

Vor ein paar Wochen war ich beim Evangelischen Kirchentag in Stuttgart. Nicht als Theologin, sondern in einem Team des Organisationsbereich. Zu denken gab mir trotzdem einiges!

Teil des Veranstaltungsortes, den wir betreut haben, war die Hospitalkirche in der Innenstadt. Der dort anstehende Umbau war beginnend mit dem Kirchentag Anlass für ein Kunstprojekt, das „Aufbruch – Umbruch –Durchbruch“ heißt. Und das war ziemlich deutlich: Ein Teil der Kirchenmauer wurde eingerissen, der Schutt blieb liegen, das Loch war nicht zu übersehen.

Der Satz „Das ist Kunst und kann nicht weg“ war wohl einer der meistgesagten in diesen Tagen. Leute standen fassungslos davor: „Das kann man doch nicht machen!“, „Was soll das denn?!“, „Na, wenigstens aufräumen hättet Ihr ja können!“.

Die Kunstinstallation beinhaltet noch mehrere Elemente, die das Innere der Kirche mit dem Äußeren, den Taufstein (Geburt) mit dem Kreuz (Tod), den Kirchenraum mit neuen Himmelsvorstellungen und den Altar mit einer blühenden Sommerwiese verbinden. Die alten Kirchenbänke werden einer neuen Bestuhlung weichen und wurden im Hof vor der Kirche „zwischengeparkt“. Soweit die Beschreibung von dem, was man sehen kann.

Erlebbar wurde die Kirchenkunst für mich während des Kirchentags. Viele Podiumsdiskussionen, Andachten, Bibelarbeiten, etc. in der Kirche und viele, viele, Menschen, die Schatten und Erholung suchten außerhalb der Kirche stellten besonders die Leute in der Kirche zunächst vor eine Herausforderung: Wie schaffen wir es, eine konzentrierte Atmosphäre zu schaffen, den Leuten gutes Zuhören zu ermöglichen, ohne ständig von den Leuten draußen gestört zu werden?

Die Leute außen genossen derweil Schatten, frische Luft, den Einblick durch das Loch, die Erholungspause auf den alten Kirchenbänken, ihre Lunchpakete.

Schnell wurde klar: absolute Ruhe in der Kirche gibt es nicht. JedeR lernte, damit umzugehen. Wenn da plötzlich ein Loch in der Kirche ist, heißt das Veränderung. Heißt das Geräusche da, wo ich mich nach Ruhe sehne, Kindergeschrei, wo ich tiefen, theologischen Diskussionen zuhören wollte. Heißt das am Ende, mich stören lassen in meinen bisherigen Erwartungen.

Dass das etwas besonderes ist, hat mir der letzte Abend gezeigt. Eigentlich waren wir als Team bis oben hin beschäftigt: zwei große Veranstaltungen, die Abbaunacht, Helfer koordinieren, immer noch 35°C und Gewitterwarnung. Die letzte Veranstaltung war ein sogenannter „Nach(t)klang“. Zwei Live-Elektronik – Künstler füllten Kirche, Hof und Luft mit Musik (oder besser: sphärischen Klängen), die Technik sorgten für Lichteffekte.

Zu Beginn waren nur sehr wenige Besucher da, nach und nach aber ließen sich Menschen in der Kirche und im Hof nieder, um diesen letzten Kirchentagsabend ausklingen zu lassen. Ein kühler Wind wehte durch den Hof und irgendjemand pustete Seifenblasen in die Luft…

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