Plädoyer für ein altes Wort

Sprachen sind etwas Lebendiges – sie verändern sich, schaffen neue Worte, übernehmen Ausdrücke aus anderen Komunikationsgemeinschaften und andere Begriffe werden aussortiert, wenn sie keiner mehr benutzt. Das ist ganz normal – Menschen und Kulturen verändern sich, ihre Kommunikation auch.

Dennoch finde ich es schade, dass manche Worte uns scheinbar „verloren gehen“. Auch, wenn sie meistens durch ein neues Wort ersetzt werden. Aber jedes Wort hat doch eine eigene Nuance, sonst gäbe es dieses ja auch gar nicht.

Ein Wort, das ich kaum noch zu Ohren bekomme, ist „beherbergen“ – außer in Jugendherberge oder der Weihnachtsgeschichte lese ich es eigentlich nie. Wodurch es ersetzt wird, ist schwer zu fassen. „Gastfreundschaft“ fällt bestimmt in den Bedeutungsbereich. Auch dieses Wort ist wunderschön und erzählt davon, dass Menschen ihre Türen öffnen, um andere einzulassen. Die/der Andere ist dann ein Gast und zwischen uns gibt es eine Freundschaft.

Aber „Beherbergen“ verknüpfe ich mit etwas anderem. In meiner Phantasie ist eine Herberge einfach, man teilt Räume, Tisch und Badezimmer. Es braucht dafür nicht ein extra hergerichtetes „Gästezimmer“, sondern lediglich eine*n, die/der einfach die Tür aufmacht. Damit ein*e andere*r eintreten kann, für eine ungewisse Dauer, aus verschiedensten Gründen. Ob die Beteiligten sich vorher schon kannten, spielt keine Rolle. Ob sie nach der Beherbergung noch in Kontakt bleiben – wer weiß das schon. Wichtig an der Herberge ist nur, dass die Tür aufgemacht und das Leben (von A wie apfelgrüne Bettwäsche, über M wie Musik, S wie Sorge bis zu Z wie Zahnpasta) dahinter geteilt wird.

Für eine gewisse Zeit, die Beherbergte und Beherbegende miteinander ausmachen. Für die Zeit des Sturmes, für die Dauer des Krieges, für einen Sommer, bis der Streit woanders vorbei ist, bis die Renovierung fertig ist.

Das alles steckt für mich in diesem wunderschönen Wort. Zu schön, um es aus unserer Sprache zu verbannen. Zu wichtig, um es zu vergessen.

In Kooperation mit katholisch.de befassen wir uns die Fastenzeit mit den 7 Werken der Barmherzigkeit. Montag, Dienstag, Mittwoch, Freitag und Samstag veröffentlichen wir einen Gebetsimpuls auf der katholisch.de Facebookseite. Und jeden Sonntag einen Gedanken auf unserem Blog. Alle Gedanken sind unter Fastenaktion 2016 abrufbar. #barmherzlich

Durst?!

Durst. Wenn ich ehrlich bin, dann ist die drängendste Frage, die ich mit Durst verbinde, die Frage, ob ich jetzt ein Radler oder eine Apfelschorle, vielleicht doch eine Cola oder schlicht und ergreifend Wasser trinken will.

Durst. Dem Wort fehlt in meinem Erleben, so ehrlich muss ich sein, irgendwie der Schrecken.

Und doch kenne ich die Bilder von Landstrichen, die zu Steppen werden, von Tieren und Menschen, die dem Durst zum Opfer fallen, während für mich Wasser immer nur eine Hahndrehung entfernt ist.

Und ich kenne die Diskussionen über die Privatisierung von Quellen und das Grundrecht des Menschen auf Wasser.

Aber die Tatsache, dass wir Menschen Dinge brauchen, die eigentlich so leicht zu haben wären, wenn nicht die Umstände und – schlimmer noch – andere Menschen (und wir selbst) uns daran hindern würden, diese Tatsache kommt mir erschreckend bekannt vor: Frieden, Freiheit, Ehrlichkeit,… die Liste können wir alle fortsetzen. Das ist doch auch ein Durst. Irgendwie.

Aber: Wie gehe ich damit um? Mit dem einen Durst? Mit dem anderen?

Auf jeden Fall will ich mich auf den Weg machen und suchen. Weitersuchen. Nach den Quellen, den Quellen des Lebens, wie man so sagt. Um diese mit den anderen zu teilen. Um den Durst zu stillen. Immer wieder. Denn Durst haben wir dann doch alle.

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Vom Luxus zu fasten

Es muss mal wieder sein. Die Zeit hat ihre Spuren in Form von Volumen an meinem Körper hinterlassen.
Beginnend mit dem Neujahrsvorsatz, fortgesetzt im Vorosterfasten habe ich meinem Körperfett den Kampf angesagt.

Ab jetzt wird der Teller nur dann gefüllt, wenn ich Hunger habe.
Und nur mit dem gefüllt, was nahrhaft und wertvoll ist.
Frische Luft wird joggend genossen.
Und ab und an gibt es auch mal Liegestütze und Sit-ups.

Soweit der Vorsatz. Doch von Zeit zu Zeit vermisse ich das schlechte Essen.
Das Salzige und Fettige.
Und immer wieder, wenn ich danach hungere,
fällt mir auf, in welchem Luxus ich doch lebe.
Dass ich freiwillig entscheiden kann weniger zu essen.
Meinen Teller leer zu lassen.

Mein Leben so umzustellen, dass ich eine negative Kalorienbilanz am Ende des Tages habe.
Da ich mir ganz sicher sein kann, dass ich auch die nächsten Jahre nie Hunger leiden muss.

Dieses Gefühl, zu wissen, dass man verzichten kann,
dass weniger mich nicht umbringt, hat mich nachdenklich gemacht.

Ich weiß, dass ich mein Essen nicht in alle Welt von meinem Teller aus teilen kann.
Aber alle Dinge, die ich konsumiere, ohne dass ich sie brauche, fehlen woanders.

Mein Teller bleibt jetzt öfter mal leer.
Denn mein Luxus verpflichtet mich.

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Das Vielleichtnis vom Parkplatz

Vielleicht. Ja, vielleicht ist dieses Reich Gottes auch wie ein Parkplatz.

Ein ganz großer Parkplatz.

Aber einer ohne Linien. Also mehr so eine große Fläche, eine große, sehr große Asphaltfläche. Vielleicht auch nur Schotter. Oder Gras. Sand. Kies?

Wenn auf dem Parkplatz jetzt schon andere Autos stehen, wenn du kommst, dann kannst du dich einfach daneben stellen.

Wenn du aber jetzt da auf dem Parkplatz ankommst und außer dir ist nur so ein weiß-blaues P-Schild da, dann weißt du, dass du da parken darfst. Klar, ist ja auch ein Parkplatz. Aber einen Parkplatz zu finden, ist jetzt so ohne andere Autos auf einmal schwieriger, finde ich. Danebenstellen ist plötzlich nicht mehr drin.

Vielleicht hast du Glück und ein anderes Auto kommt dann gerade angefahren und ihr könnt euch darauf einigen, wo wer parkt. Ansonsten liegt’s dann bei dir, zuerst zu parken.

Ja, so irgendwie. Vielleicht ist das mit Gott so.“

„Ja. Vielleicht. Vielleicht auch anders.

Feuermomente

Dabei  sein.
Nur nicht trödeln.
Von einer wichtigen Verabredung  zur nächsten.
Immer auf dem Sprung.
„Ich muss aber noch schnell…“

Und dann trotzdem immer irgendwie zu spät kommen.
Nirgens richtig da sein.
Und im Hinterkopf das alte Sprichwort meiner Mutter:
„Du kannst nicht auf jeder Hochzeit tanzen!“
Na und? Ich will es aber versuchen!

So sieht mein Leben in letzter Zeit viel zu oft aus.
Ich hetze von Tür zu Tür und mache all die Sachen die ja soo wichtig sind.
Dann passt mein Leben quasi auf die DinA5 Seite meines Taschenkalenders auf das Display meines Handys.
Und immer öfter liege ich im Bett und stelle mir die Frage:
Heute schon gelebt?

Ich ändere das jetzt.
Leichter gesagt als getan. Aber ich meine es ernst.
Ich lege den Schalter um und versuche mal irgendwo ganz da zu sein.

Angekommen…

Da sein – bei der Tasse Kaffee am Mittag.
Ankommen – beim Abend mit Freund*innen.
Die Zeit vergessen, weil es so viel zu erzählen gibt.
Karten spielen.
Musik hören.
Sich selbst nicht ganz so ernst nehmen.
Der Sonne beim Aufgehen zuschauen.

Die Liste ist lang und könnte noch länger sein.
Es ist meine Liste.
Meine Liste mit Feuermomenten.
Diese Momente will ich brennen lassen, dass es knistert und raucht.

Sie sollen mich wärmen, dass ich auftaue.
Auch wenn mir manchmal der Rauch in die Augen weht.
Auch wenn jede Sekunde der Alltag wieder um die Ecke schaut.

„Du kannst nicht auf jeder Hochzeit tanzen“
Das stimmt.
Deswegen suche ich jetzt den Moment.

Und lasse ihn brennen.

Zeig mir, wie du Nonne wirst!

Während hier in Deutschland das „Dschungelcamp“ gerade wieder Millionen-Quoten einfährt, kündigt ein TV-Sender in Spanien eine Reality-Show an, die man getrost als das komplette Gegenteil bezeichnen könnte: Ordenstracht statt Pimmel-Blitzer,  Enthaltsamkeit statt Sex-Enthüllungen, Gott statt Geld. „Ich will Nonne werden“ heißt das Format, das im spanischen Fernsehen ab Februar ausgestrahlt wird. Fünf junge Frauen sollen dabei begleitet werden, wie sie ihren Weg ins Kloster antreten – ihren Weg, Nonne zu werden.

Die Frauen müssen verschiedene „Stufen“ absolvieren. So arbeiten sie zum Beispiel in einer Kinderkrippe und werden auch in eine Mission in den bolivianischen Dschungel geschickt. Am Ende der mehrteiligen Serie gilt es, sich zu entscheiden: Nonne oder nicht? Nach Angaben des Senders haben vor Beginn der Show alle fünf Frauen vor, ihr Leben Gott zu widmen und in ein Kloster zu gehen.

„In your face“ – Extreme

Offenbar hat das Format eine bestimmte Anziehungskraft – immerhin schafft es die Ankündigung in die Schlagzeilen internationaler Medien. Aber warum? Vielleicht, weil es die Extreme braucht. Auf der einen Seite treibt das Dschungelcamp den Voyeurismus und den Sadismus unserer heutigen Gesellschaft auf die Spitze. Und auf der anderen Seite dokumentiert „Ich will eine Nonne werden“ die totale Abkehr von dieser Gesellschaft. Und vor allem von ihrer Übersexualisierung. Denn ist es nicht das, woran man* als eines der ersten Dinge denkt, wenn man* „Nonne“ hört: Enthaltsamkeit?

Der Sender sagt, mit dem Format wolle man* einen „Einblick in eine unbekannte Welt“ geben. Irgendwie zweideutig: Natürlich hat zum einen der Durchschnittsmensch eher selten mit Nonnen oder Mönchen zu tun hat. Zum anderen ist es aber auch eine unbekannte Werte-Welt, weil sie so ziemlich allem widerspricht, was in der heutigen Gesellschaft (anscheinend) Konsens ist.

Der Gang ins Kloster ist ein Schlag ins Gesicht der säkularen Gesellschaft und dessen, wofür sie steht. Junge Frauen, die den idealen Lebensweg für sich darin sehen, ihr Leben einzig und allein Gott zu widmen und allen weltlichen Dingen zu entsagen. Wie durchgeknallt ist das (nicht nur) aus weltlicher Perspektive! Und vielleicht braucht es Menschen, die ein solches Extrem wählen, um auch uns zum Nachdenken zu bringen. „Ich will Nonne werden“ – ein Ausspruch, der auch mich innehalten lässt. Um mich zu fragen: Was zählt eigentlich in meinem Leben?

Kabel sortieren

Mein Vater ist ein penibler Mensch, wenn es um Arbeit und Ordnung geht. Bei ihm bekommen Maßband und Wasserwaage sakralen Charakter. Wenn ein Tisch, ein Schrank oder Kabel noch um 5 mm perfekter positioniert werden können, wird es getan.

Ich bin nicht so. Bei mir ist gerne die fünf mal grade und „perfekt“ liegt halt irgendwo zwischen zu gut und zu schlecht.

Zu einer der nervigsten Geschichten zwischen meinem Vater und mir gehört wahrscheinlich das Einrichten seines Büros. Als wir fertig waren, wurde jedes Möbelstück wahrscheinlich achttausendmal angepackt, musste der Schreibtisch gefühlt halb zersägt werden und nochmal neue Kabelhalter gekauft werden, damit auch alle elektrischen Kabel perfekt positioniert werden können.

Seit nun fast vier Jahren hab ich meine eigene Wohnung.
Seit fast vier Jahren nervt es mich, wenn ich unter dem Schreibtisch staubsauge und die Mehrfachsteckdosen, Kabel und Stecker jedes Mal Minuten kosten ,es richtig zu machen.

Aus lauter Sturheit, in diesem Zusammenhang nicht so werden zu wollen wie mein Vater, habe ich wahrscheinlich noch nichts dran gemacht.
Jedes Mal aufs Neue tue ich mir das an.

Manchmal denke ich dann aber doch: So schlecht ist dieser Satz mit dem „die Mitte zwischen euch beiden finden“ nicht.
Manchmal sind auch innere Kompromisse vielleicht ganz sinnvoll.

Untertitelbetrachtung

Dreifach Glauben. leben mit glauben – glauben mit leben. Klingt konventionell, unglaublich fetzig, sonntäglich katholisch … eh ja, wie denn jetzt eigentlich?

Als gute Studentin lernt man ja, sich zunächst mal mit den Begriffen auseinanderzusetzen – deshalb hier ein Versuch über unseren Untertitel (liebe Theologen, das LThK hab ich zugelassen , sondern mal ganz schlicht gegoogelt, nehmt es mir nicht übel):

leben: Leben ist der Zustand, den Lebewesen gemeinsam haben und der sie von toter Materie unterscheidet … (wikipedia.de)

Das heißt ja eigentlich, Leben ist das Gegenteil von Tod. Aber was gehört dazu? Aufstehen, lernen, essen, lachen, weinen, reden, Zähneputzen, Sport, kochen, staubsaugen … alles , was ich so den lieben langen Tag tue. So weit, so gut.

glauben: für möglich und wahrscheinlich halten, annehmen; meinen … jemandem, einer Sache vertrauen, sich auf jemanden, etwas verlassen/ vom Glauben erfüllt sein … in seinem Glauben von der Existenz einer Person oder Sache überzeugt sein … (duden.de)

Hier bietet sich eine ganze Reihe von Bedeutungen. Kann ich auch allem erstmal so zustimmen. Glauben ist Vertrauen, oft Gefühl, aber auch Überzeugung.

Und nicht zuletzt steht da noch

mit: drückt Gemeinsamkeit … Wechselseitigkeit bei einer Handlung aus (duden.de)

Klar, es verbindet Dinge miteinander, stärker noch als ein schnödes „und“.

So. Und was habe ich jetzt davon? Zusammen genommen ergäbe es ja so etwas wie: „Alles, was ich den lieben langen Tag tue, hat eine Gemeinsamkeit mit dem, auf das ich vertraue, wovon ich überzeugt bin und was ich fühle.“

Hmm. Vielleicht mit einem Grundsatz, der mir aus der Pfadfinderei vertraut ist: „Als Pfadfinderin sage ich, was ich denke, und tue, was ich sage“. Wovon ich überzeugt bin, schlägt sich in meinem alltäglichen Leben nieder und umgekehrt bleiben die Dinge, auf die ich vertraue, nicht unbeeindruckt von dem, was mich umgibt.

Oder mit Christoph Theobald auf den Punkt gebracht: „Leben und glauben, dass es gut ist zu leben, ist ein und dasselbe.“

Das Säuseln

Lautes Böllergeknalle läutete vor 10 Tagen das neue Jahr ein. Der Himmel wurde mit allen möglichen Farben erhellt und viele setzten sich neue Vorsätze. Dieses Jahr kann doch nur besser werden als das letzte. Jetzt endlich starte ich durch.

Ein kollektiver Sinneswandel wurde mit bunten Funken und lauten Böllern eingeleitet. Ab jetzt laufen gehen. Endlich wieder fit sein. Schluss machen mit dem, was eine*n ärgert. Das neue Jahr bietet all diese Möglichkeiten und vor allem eine Begründung sich zu verändern.

Ich gebe zu, ich habe auch meine Vorsätze. Aber wenn ich daran denke, wann sich was in meinem Leben geändert hat, dann war das nur ganz selten durch einen lauten Knall. Eher so Knallerbsen. Kurzes Erschrecken. Lachen. Dann selber welche werfen.

Vielmehr war es immer wieder ein Säuseln.
Etwas ganz Leises. Für keine*n anderen hörbar.

Und egal, wie laut das Feuerwerk an Silvester ist „nach dem Feuer kam ein sanftes, leises Säuseln.“ (1. Kön 19, 12)

Ich mag Feuerwerk.
Aber an meinem Leben ändert das nichts.