Berührt …

… hat mich wieder ein kleines, leises Lied. Geschrieben von einer Gruppe Liedermacher, Schlagsaite, die ich mal in Hamburg gesehen habe und deren Musik mich seitdem begleitet.

„Für die Liedersänger“ ist für mich ein wunderbares Lied, das in wenigen Worten genau das anspricht, was Weihnachten verheißen will:

„Dass hin und wieder alles irgendwie neu anfängt“, dass es für jede*n, auch für die, die nicht mehr daran glauben können oder wollen, einen Neuanfang gibt. Auch für die „Weltverflucher“. Es singt von einer Hoffnung, die uns immer wieder begegnet. Sich nicht aufdrängt, sondern einfach da ist. Darauf wartet, dass wir „dann mal schlau spielen“.

Mehr Interpretation will ich den Zeilen nicht antun. Für mich wird hier Verheißung gesungen. Statt mit Engelsflöten mit Schlagzeug und Gitarre. Nicht süß wie Weihnachtsglocken, sondern echt und kratzig wie ein kurzer Mitschnitt.

https://www.youtube.com/watch?v=Ge9Q2W2i1hQ?t=3m

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Jeden Tag ein neues Törchen. Dieser Beitrag ist Teil unseres Adventkalenders 2015 zum Thema Aufbruch & Abbruch. Alle weiteren Einträge findest du in unserem Archiv unter Adventskalender 2015.

Ich liege im Bett

Ich liege im Bett.

Ist ja erstmal nichts Ungewöhliches – dafür wurde es ja erfunden.
Zum Liegen und Schlafen… und vielleicht für ein paar andere Dinge.

Ich liege im Bett.

Neben mir ein Pizzakarton – Kochen war heute nicht.
Es ist 16:24. Eine dieser Zeiten, bei denen es sich schwierig gestaltet, als (halbwegs) Erwachener eine Ausrede zu finden nutzlos rumzuliegen.

Ich liege im Bett.

Und hätte eigentlich zu tun.
Mein Schreibtisch
Meine Ablagefläche für Dinge, die ich vor mir her schiebe, quillt über.
Mein Boden müsste auch mal wieder gestaubsaugt werden.
Ein Blick auf mein Handy verrät: drei Anrufe in Abwesenheit.
Und was mache ich?

Ich liege im Bett.

Und staune.
Über mich. Über die Welt.
Über diese Stimme, die leise sagt: „Dann steh halt auf und mach was!“
Über diese andere Stimme, die lauter ist und schreit: „Aber warum denn?“

Ich liege im Bett.

Dann steh ich auf, nehme den Pizzakarton und werfe ihn weg.
Ich gehe an den Schreibtisch.
Die laute Stimme, der innere Schweinehund, bellt noch einmal und ist dann still.

Heute habe ich gewonnen.

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417 Meter über New York

Normalerweise ist es einfach, einen Schritt nach vorne zu gehen, einen Fuß vor den anderen zu setzen. Doch als ich kürzlich im Kino saß, mit der 3D-Brille auf der Nase, und dem Protagonisten auf der Leinwand beobachtete, da dachte ich: Nie und nimmer würde ich diesen Schritt tun, der nun folgen würde. Nie im Leben.

„The Walk“ erzählt eine wahre Geschichte, die von Philippe Petit, einem französischen Hochseilartisten. Er sucht nach immer neuen Orten für den nächsten Nervenkitzel, er will immer weiter über sich hinauswachsen. Petit bricht schließlich auf, um seinen Lebenstraum zu verwirklichen: Auf einem Seil zwischen den beiden Türmen des World Trade Centers zu balancieren. Illegal natürlich – und ohne Sicherung.

Es ist vor allem ein Satz Petits, der mir nachgeht:  „People ask me: ‚Why do you risk death?‘. For me, this is life.“ Das soll das Leben sein? Dieser Schritt auf das Drahtseil, 417 Meter über der New Yorker Innenstadt, den ich niemals tun würde? Muss ich einen Extremsport betreiben, um das „wahre Leben“ zu spüren? Braucht das Leben das Angesicht des Todes, um voll zur Geltung zu kommen?

Je mehr ich darüber nachdenke: Ich würde zwar niemals einen Aufbruch wagen, wie es der Protagonist von „The Walk“ getan hat. Aber ich muss täglich andere Schritte tun, vielleicht nicht Hunderte Meter über New York, aber häufig ohne Absicherung. Ohne die Gewissheit, dass es gut ausgeht. Ich muss Neues wagen, um voranzukommen.

Und dann kommt mir in den Sinn: Vielleicht ist es nicht die Nähe des Todes, die uns das Leben spüren lässt – auch nicht beim Hochseilartisten Petit. Vielleicht spürt man* das Leben dann besonders intensiv, wenn man* über sich hinauswächst. Jede*r in ihrem*seinem Rahmen.

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Novemberlaune und Sonnenmenschen

Augen auf – Der Wecker klingelt, 7 Uhr.
Fenster auf: Novemberwetter.
Ich gehe aus dem Haus. Ich bin gewappnet.
Mit meinem neuen besten Freund:
Dem Regenschirm.
Mit ihm versuche ich mich zu schützen.
Vor der Nässe. Vor der Welt. Vorm November.
Im November läuft alles auf Sparflamme.
Die Heizungen. Aus Kostengründen.
Auf Sparflamme auch meine Motivation.
Im Studium. Im Freundeskreis. Im Leben.
Nur die Regenwolken scheinen von Sparflamme noch nichts gehört zu haben.
Schade drum.
Ich hasse den November. Jetzt ist es raus.
Ich hasse diesen toten Monat.
Da ist der Weinstand am Hauptmarkt nicht mehr und der Weihnachtsmarkt noch nicht offen.
Ich hasse den November und das merkt man auch.
Im November bin ich kein guter Mensch.
Im November brauch ich euch noch viel mehr.
Ihr Sonnenmenschen.
Ihr Wolkenbrecher*innen.
Ich brauche euch zum Aufrechtgehen. Zum Kopf Ausschalten.
Ihr dreht meine Sparflamme auf und haltet den Regenschirm für mich.
Dann kann ich ich sein – und vielleicht doch ein bisschen mehr so wie du.

Die Wunder dieser Zeit?

Wenn Jesus das kann, dann klappt das auch bei mir.

So simpel war mein Gedankengang, als ich mit ca. fünf Jahren versucht habe, aus Wasser Wein zu machen. Hmpf. Ich war schon etwas enttäuscht, dass sich das Wasser in meinem Zahnputzbecher nicht verwandelt hat.
Wenn ich heute daran denke, muss ich lachen. Wie einfach doch mein Glaube damals war. Wasser in Wein zu wandeln. Wunder. Jesus. Alles war so real. So denkbar.

Und heute? 25 Jahre später? Wie ist das mit den Wundern? Gibt es sie nicht mehr? Glaube ich nicht mehr daran?

So einfach fällt mir die Antwort nicht. Das Nein zu Wundern will mir nicht über die Lippen.
Müsste ich dann nicht auch alles andere in Frage stellen? Jesus und so.

Ich wär gern weniger wie ich

Ich mag es, wenn Lieder meine Gedanken anstoßen und mich ins Grübeln bringen.

Während des Hörens fällt mir auf, wie oft ich dann doch ein bisschen mehr so wie du sein möchte.

Neidisch schaue ich auf das, was du hast und was ich nicht habe. Mal wieder…

Ich stelle mir selbst eine Aufgabe: Heute bin ich mal zufrieden mit mir.

Geht das? Ein Versuch ist es wert.

Zufriedenheit mit allem, was mich ausmacht und was ich habe.

Ich finde keine Lösung, aber ich versuche zumindest mir einen Satz zu Herzen zu nehmen, den ich vor einigen Jahren gehört habe, nachdem ich wieder einmal versucht habe du zu sein.

Wer vergleicht, verliert.

Es lohnt sich immer wieder auf ein Neues auszuprobieren,
ich zu sein und nicht du.

Kraftklub - Wie Ich (official video)

Der Falter

Als ich einmal in eine Kirche ging, kam ich, um die Stille zu genießen. Meine Augen erfreuten sich am unverschämt pompösen Schmuck und meine Ohren freuten sich an der Einfachheit der Klänge. Es war still. Nur meine eigenen Füße gaben dem Raum Klang. Und er antwortete mit all seinen Winkeln.

Ich ging bis nach ganz vorne. Drehte meinen Blick und sah Kerzen, die von Fremden entzündet alleine ihren Tanz tanzten. Ich warf eine Münze in den Korb, nahm mir selbst eine Kerze, entzündete sie, stellte sie zu ihren Geschwistern und setzte mich.

Es schien, als ob sie nur für mich tanzen würden. Nach einem Lied, welches nur sie hören können. Ich konnte die Melodie nur in ihren Bewegungen erraten.

Und wie ich dort saß, fasziniert von den Flammen, hörend auf Stille wurde diese durch ein starkes Vibrationsgeräusch unterbrochen. Ein Falter versuchte mit seinen Flügeln das Glas vor sich wegzuschieben.

Er wollte zum Licht und vergaß dabei das offene Fenster im Schatten hinter sich. Er war geblendet. Und in seiner Blindheit versuchte er unaufhörlich durch das Glas zu kommen.

Ich war deprimiert. Ließ meine Kerze allein mit den anderen weitertanzen und verließ die Kirche.

Türen dieser Welt

Es bringt mich aus der Fassung. Wie viele Leute sich dagegen wehren, Flüchtlingen die „Türe aufzumachen“. Wie viele Sätze in dieser Richtung mit „Ich stelle weder die Menschenrechte in Frage, noch bin ich ausländerfeindlich“ beginnen und einem gesprochenen oder hörbar gedachten „…, aber…“ beendet werden.

Gleichzeitig stehen viele Andere für Flüchtlinge ein und auf, versuchen zu argumentieren und zu begründen, warum es gut, gerecht, sinnvoll, gewinnbringend,… ist, fremde Menschen im „eigenen Land“ aufzunehmen.

Was mich dabei immer häufiger zum Nachdenken bringt: Warum braucht es diese vielen verschiedenen Argumentationen? Egal ob religiös motivierte („Jesus war ja auch ein Flüchtling“), oder solche, die besagen, „dass das alles gar nicht so schlimm ist – immerhin kenne man doch bestimmt den und den – und der war ja auch mal Flüchtling und sei doch jetzt ein guter Bürger…“, sie alle rechtfertigen und suchen wortreich nach Begründung.

Warum reicht es denn nicht schlichtweg, dass es einem Menschen schlecht geht, jemand kein Zuhause hat, um sein oder ihr Leben bangen muss?
Warum ist diese himmelschreiende Ungerechtigkeit nicht schon Grund genug?
Ist sie nicht Grund und die Menschen, die nach Schutz suchen, nicht Anlass genug, mir mal wieder zu überlegen, wem diese Welt denn nun gehört?

Es mag naiv klingen, aber reicht das nicht? Reicht das nicht aus, um Menschen zumindest die „Tür“ „meines Landes“ aufzumachen?

Wer hat diese Tür überhaupt gebaut? Gehört die Welt nicht allen, die auf ihr herumlaufen?!