Auf wackligen Beinen

Wenn ich gegen meine Tochter antreten würde, würde ich immer gewinnen. Damit möchte ich aber ungern angeben, denn meine Tochter ist noch keine zwei Jahre alt. Ich hatte also deutlich mehr Zeit, all die Dinge zu üben. Die meiste Zeit zeige ich ihr, wie man Bücher liest, Sandburgen baut oder so richtig schön Quatsch macht; und wenn wir mal einen Wettkampf machen, bin ich ein fairer Papa und lasse sie gewinnen.

Doch im Moment gibt es eine Sache (und ich bin mir sicher, dass es nicht die Letzte sein wird), in der mir meine Tochter etwas beibringt. Seit einigen Wochen lernt sie laufen und mittlerweile flitzt sie durch unsere Wohnung. Ruckzuck ist sie von der Terrassentür wieder am Esstisch und – bevor ich mich versehe – wieder an der Tür. Und wenn sie mal irgendwo gegenrennt, hinfällt oder über ihre eigenen Füße stolpert, dann schaut sie mich nur kurz groß an, stellt sich wieder hin und flitzt erneut los.

Ich hingegen wanke im Moment eher auf meinen Beinen. So richtig sicher stehe ich gerade nicht am Ende meines Studiums und am Beginn der Arbeitswelt. Ein, zwei Schritte, dann kommt eine Ecke und ich stolpere. Dann schaue ich mit großen Augen, aber im Gegensatz zu meiner Tochter stehe ich nicht direkt wieder auf. Oft sitze ich da und ärgere mich über die Ecke. Warum ist sie gerade jetzt da? Und wenn ich mich wieder aufraffe, konzentriere ich mich viel zu sehr auf die nächste Ecke, die mich aus der Bahn werfen könnte.

Ja, eigentlich gewinne ich immer gegen meine Tochter, aber im Moment steht sie auf eigenen Beinen und zeigt ihrem Papa, wie das geht.

Einfach aufstehen. Keine Angst und darauf vertrauen, dass alles gut wird.

„…einen ewigen Namen gebe ich ihnen…“

„Mein Name ist Michael Michels“. Das sorgt oft, wenn nicht gerade ein Peter Peters oder Jens Jensen vor mir steht, für Lacher oder skeptische Blicke. Entweder werden meine Eltern als „kreativ“ gelobt oder ich bemitleidet. Oft drehen sich Gespräche um meinen Namen. So ist auch mit Blick auf meine Hochzeit und die anstehende Ehe eine der meist gestellten Fragen: „Wie macht ihr es mit euren Namen?“

Ich bin Michael Michels; bald 24 Jahre. Mit diesem Namen zu leben gehört zu meiner Identität; ganz zu meinem Wesen. Ich würde fast behaupten, dass einen Teil meiner Art, wie ich mich vor und zu anderen Menschen verhalte, von diesem Namen bestimmt ist. „Michael Michels, Vor- quasi wie Nachname“: So stelle ich mich öfter selbst zum Beispiel am Telefon vor.

Seit zwei Wochen beschäftigt mich das Thema „Name“ nochmal ganz neu. Ich habe dort im Rahmen einer Exkursion das Konzentrationslager Auschwitz und das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau besucht.

Ich kann und möchte gar nicht erst versuchen, euch meine Gefühle und Gedanken niederzuschreiben, die ich mit diesen Orten und den dortigen Ausstellungen verbinde. Es geht sowieso nicht. Auch weil ich gar nicht weiß, was ich in Anbetracht von Zahlen und Fakten, die man nicht verarbeiten kann, Ausstellungsstücken und Bildern, deren Grauen jede Vorstellbarkeit übersteigt und abertausenden Lebensgeschichten, über deren schreckliches Ende ich nicht traurig genug sein kann, fühlen oder denken soll.

Gefangene, die nach Auschwitz kamen, bekamen ihre Häftlingsnummer auf die Haut tätowiert. Von diesem Moment an trugen sie offiziell ihren Namen nicht mehr; waren nichts anderes als eine Nummer, ein Platz auf einer Liste in einem abartigen, perversen Mordsystem.

Aus Namen wurden Nummern. Aus Menschen wurden Nummern. Mit der Nummer war eine Entmenschlichung der Gefangenen auf die Spitze getrieben. Ich komme da nicht darauf klar….

Die Gedenkstelle Yad Vashem hat auch in Auschwitz selbst eine eindrucksvolle Gedenkstätte errichtet. In einem gigantischen Buch sind alle Namen erfasst, die bisher als Opfer des Holocausts bekannt sind. Für mich war es verstörend sich durch unzählige Seiten zu blättern. Zugleich fand ich es wunderschön, dass man hier eine entscheidende Korrektur an diesem unmenschlichen System vorgenommen hat: Aus Nummern wurden wieder Namen.

In Yad Vashem selbst werden im Kinderraum in einer Endlosschleife alle bekannten Namen der im Holocaust ermordeten Kinder vorgelesen. Für 1,5 Millionen Namen braucht das Band drei Jahre. Dann geht es wieder von vorne los. All den unschuldig ermordeten Kindern werden wieder Namen gegeben. Jedem einzelnen!

„Ich gebe ihnen einen Namen, der mehr wert ist als Söhne und Töchter: Einen ewigen Namen gebe ich ihnen, der niemals ausgetilgt wird“ (Jes 56,5)

Gott, ich kann dir gar nicht genug dafür danken, einen Namen zu tragen.

Ab in die Tonne mit der Bibel!

Christoph Markschies: "Darf man die alte Bibel in die Tonne werfen?"

Die Bibel ist die Heilige Schrift des Christentums. Doch sie nutzt sich ab, wird zerlesen, verliert Blätter. Viele Menschen haben Hemmungen, eine Bibel wegzuschmeißen. Aber wohin damit? Wer Google fragt („Darf man Bibeln wegwerfen?“) landet mit dem ersten Treffer auf einem Beitrag bei „wikiHow“: „Eine Bibel entsorgen“. Der ist (teilweise) ziemlich lustig – und zeigt eine gewisse Schizophrenie auf, die ich auch auf mich beziehen kann.

Da geht es darum, eine Bibel, die entsorgt werden soll, „respektvoll“ zu entsorgen, obwohl zugleich betont wird, dass das Buch an sich keine Bedeutung hat. Das könne etwa geschehen, indem man die Bibel in Zeitungspapier einwickelt und so vom übrigen Müll trennt. Oder indem man ein Gebet spricht beim Entsorgen. Oder indem man, kein Witz, eine Beerdigung organisiert, samt Familie und kleiner Grabstelle. Zum Glück fehlt folgender Hinweis am Ende nicht: „Die meisten Christen denken, dass der Inhalt der Bibel sie heilig macht und nicht das Papier und die Tinte. Daher ist es völlig unbedenklich, sie wie ein normales Buch zu entsorgen.“ Warum also dann die ganzen Ausführungen? Ab in die Tonne damit!

Ich sage das auch zu mir selbst – denn das Unbehagen, das man verspürt, wenn man eine alte, kaputte Bibel entsorgt, kenne ich. Woher kommt es? Ist es vielleicht die Angst, ich könnte durch das „unsachgemäße“ Entsorgen der Bibel Gott beleidigen? Das ist ein blödsinniger Gedanke. Vielleicht ist es die Assoziation, seine Glaubensgrundlage zu entsorgen? Auch das: Blödsinn, denn die hat ja mit dem Buch nichts zu tun.

Vielleicht hat es mit der Geschichte zu tun, die ich mit einem Buch habe. Und das ist mehr als dessen Inhalt: Ein Buch kann – als Objekt – Begleiter sein. In besonderen Situationen dasjenige gewesen sein, das ich aufgeschlagen habe. Das macht nicht das Buch an sich besonders – aber es erklärt vielleicht, warum es mir schwerfällt, mich davon zu trennen.

Baustelle Leben

Ein Gruppenleiterkurs –  nicht der erste, nicht der letzte, aber wie jeder halt doch besonders. Auf diesem war die Zusammensetzung außergewöhnlich. Normalerweise begegnen mir auf solchen Veranstaltungen doch verdächtig viele Menschen, die Soziale Arbeit, Erziehungswissenschaften oder was anderes mit Hang zur Pädagogik studieren. Diesmal: Maschinenbauer, Wirtschaftsinformatiker, Informationstechniker. Immer wieder höre ich die Aussage: „Also mit Spiritualität haben wir es ja nicht so bei uns…“ Aber spätestens, als wir über das Versprechen reden (ein zentrales Mittel der Pfadfindermethode, bei dem sowohl einzelne Mitglieder der Gruppe gegenüber ein Versprechen ablegen, als auch die Gruppe sich verantwortlich erklärt für die Einzelnen), wird klar: einzigartige Gänsehaut-Tränen-in-den-Augen-seltsamberührende Momente am Lagerfeuer und am See kennt jede*r.

Als ich am vorletzten Tag den Arbeitsauftrag „Gestaltet einen Wortgottesdienst“ formuliere (das Thema Spiritualität gehört nicht nur zu unserem Verband, sondern ist auch ein Element der Leiterausbildung), ist die Skepsis dennoch groß. Aber im Laufe des Nachmittags entsteht eine bizarre, unerwartete, wuselige, vorfreudige Atmosphäre und es entsteht ein Abend, der mir immer noch nachhängt:

Am Fluss hinterm Haus sind hunderte Teelichter auf Boden, überhängenden Zweigen, am Ufer verteilt, zwei kleine Bodenfeuer erhellen die nasskalte, ungemütliche Nacht. Als Sitzgelegenheit gibt es Matratzen, die Liedauswahl ist ungewöhnlich und ehrlich. Keine fertigen Kirchenlieder, sondern vor allem Popsongs, die viele seit Jahren begleiten. Vorgefertigte Texte aus frommen Andachtsbüchern? Fehlanzeige. Selbst geschriebene Texte, Gedanken zum Thema „Baustelle Leben“, zum Evangelium und zum Nachdenken verbinden Geschichten der Einzelnen zu einer gemeinsamen Feier. Sie verkünden Freiheit, Gemeinschaft und Vertrauen ins Leben. Einige Ausschnitte daraus möchte und darf ich hier veröffentlichen:

Die Gedanken zu Beginn entführen in die erste gemeinsame Wohnung eines Pärchens, das einen Streit über Deckenfarben doch noch versöhnlich meistert: „Beide streichen die Küche zu Ende. Nach getaner Arbeit sitzen sie auf dem Boden ihres leeren Wohnzimmers, sie lehnen an der Heizung. Tom hat seinen Arm um Lila gelegt, schaut ihr in die Augen und sagt: ‚Diese Baustelle haben wir nun auch gemeistert.‘ Lila antwortet: ‚Und die anderen Baustellen, die uns das Leben bereitet, werden wir auch meistern.‘

„Falls du mal nicht genug Energie hast, um deine Baustelle zu erleuchten, lass deine Projekte ruhen. In der Dunkelheit passieren zu viele Fehler, die deine ganze Großbaustelle ruinieren können. Warte, bis die Sonne wieder aufgeht, um dann mit neuem Eifer weiter zu bauen. Nur im Licht kannst du weiter arbeiten und vorankommen.“ Als Kern der Gedanken zu Mk 4,21-25.

Am Ende bleibt eine Gewissheit aus den Impulsfragen zur Baustelle Leben:

„Meine Baustellen sind nicht klar abgesteckt. Sie überlappen, haben kleine Baustellen in sich selbst. Alle Baustellen sind unterschiedlich, alle Baustellen erzeugen ihre eigenen Gefühle bei mir.

Ich will an meinen Baustellen arbeiten.

Ich will ihnen Raum geben zu wachsen.

Ich will sie zulassen, ich will sie fertig stellen.

Ich will meine Baustellen leben!“

Credits: Pascal Brand, Joshua Kreiner, Björn Lubitz, Tobias Lubitz, Nils Werner

Glaube 2.0. Bitte.

Ich beginne den Tag mit dem Blick aufs Handy. Wecker aus. Wie viel Uhr haben wir? Welche Mails kamen über Nacht? Was sagt mein Armband, wie lange mein Tiefschlaf war? Dann erst aufstehen, duschen, Kaffee.

Beim Frühstück verraten mir ToDo-App und Kalender, was den Tag über so ansteht. Durch die verschiedenen Messenger stehe ich direkt in Kontakt.

So geht es den ganzen Tag. Mein Smartphone ist mein Wegbegleiter. Etwas, das ich nicht missen möchte. Es erspart mir verschiedene Kalender, ToDo-Listen, Telefonate und Wissenslücken.

Nur eine Sache fehlt: das Beten, die Andacht. Nicht, weil ich das nicht möchte, sondern weil es nichts gibt. Durch viele Apps organisiere ich mein Leben, aber mein Glaube bleibt chaotisch, unorganisiert und oft auch unbeachtet.

Ich wäre gern auch mit meinem Glauben digital.

Ein Stück vom Zuckerkuchen

So langsam komme ich ja tatsächlich in das Alter, in dem der Anteil an Hochzeiten und Taufen im Partygeschehen prozentual sprunghaft ansteigt. Aber keine Angst, das wird kein jammervoller Sinnsuche-Artikel der mittleren Zwanziger à la

Wo will ich hin? Was macht mein Leben aus? Warum heiraten alle, nur ich nicht? (Nicht, dass es diese Momente nicht gäbe…)

Das Schöne, besonders an den Taufen, ist, dass wir dadurch im Freundeskreis ein neues Thema bekommen haben. Es eignet sich hervorragend dazu, all die lebenswichtigen Fragen und theologischen Diskussion mal beiseite zu lassen: die liebsten Kindergeschichten.

Ist das ein aktueller Trend, dass man Kindern jetzt Geschichten schenkt? Zumindest ist es mir in letzter Zeit häufiger begegnet – vielleicht sollte ich mal die Väter hier im Team fragen 😉 Ich finde die Idee jedenfalls echt toll.

Außerdem war sie der Auslöser dazu, die Gespräche über Jobsuche, Abschlussarbeiten und Theodizee einmal beiseite zu schieben. Bei dieser Diskussion hab‘ ich einige gute Freund*innen nochmal neu kennengelernt. Auf eine Art, die uns, die wir uns erst im Studium begegnet sind, bisher verwehrt blieb.

Wir tauchten ein in ein Stück Kindheit der/des anderen, lieferten uns einen Schlagabtausch, warum der Regenbogenfisch mindestens genauso schön ist wie Helme Heines drei Freunde oder Die drei Fragezeichen. Erörterten, wie Astrid Lindgren so unglaublich tolle Bücher geschrieben hat und warum wir alle eigentlich Lisa, Ole, Lasse oder Ronja heißen wollen.

Das Bewegende an dieser Diskussion fand ich, dass sie nie entschieden werden kann. Klar kann man überlegen, welche Geschichte den höheren pädagogischen Gehalt hat, die besseren Werte vermittelt… Oder man kann einfach erkennen, dass es etwas ist, das der/dem Gegenüber viel bedeutet, das sie oder ihn geprägt hat. Es sind Stücke einer wie auch immer verlaufenen Kindheit – in der es zumindest einen schönen Punkt gab – die Lieblingsgeschichte nämlich.

In diesem Sinne: Danke, liebe Eltern, für den Gedankenanstoß. Wir kommen gerne mal zum Vorlesen vorbei!

Das Radio in meinem Kopf

Ohrwurm, der
Substantiv, maskulin
(umgangssprachlich) Lied, Schlager, Hit, der sehr eingängig und einprägsam ist
mögliche Synonyme: Gassenhauer, Schnulze, Song

Ziemlich nervig, diese Viecher. Nur zwei Takte „Atemlos“ und man* wird es die ganze Nacht nicht los. Ok, das ist wirklich der worst case.

Es geht auch anders. Mein letzter Ohrwurm, der mich Tage begleitet hat, war der neue Star Trek-Titel. Den hab ich solang vor mich hingesummt, bis mein Mann mir den Soundtrack besorgt hat und es als Wecker und Klingelton eingestellt hat.

In dieser Musik könnte ich mich verlieren. So majestätisch, so – fast würde ich altmodisch sagen – „erhaben“. Das löst Gefühle in mir aus, bringt mich in eine bestimmte Stimmung.

Und jedes mal wenn ich in meinem Alltag auf diese Stimmung treffe, wenn ich mir einen Sonnenaufgang ansehe oder wenn ich einen Vogel erhaben durch das Himmelsblau schweben sehe, wird diese Musik in meinem Kopf gespielt –
als mein ganz persönlicher Soundtrack.

Oft merke ich erst in welcher Stimmung ich bin,
wenn ich bewusst auf mein Radio im Kopf höre.
Welche Songs sind gerade dran?

Und manchmal bin ich dann überrascht:
Da trällert mein Hirn ein Taizè-Lied dahin
und erinnert mich daran,
dass es mehr gibt in meinen hektischen Alltag.

Welcher Weg denn jetzt?

Gott, lass meine Gedanken sich sammeln zu dir.

Einmal durchatmen. Ich lasse den Blick in die weite streifen. Die Sonne geht auf. Der Nebel zieht weg. Ich atme ein. Kalte Luft füllt die Lunge. Ich atme aus. Wolken bilden sich. Meine Gedanken kreisen. Das eine könnte ich noch. Das andere geht nicht mehr. Hier noch schnell was machen. Hab ich da etwas vergessen? Ich atme ein. Mich sammeln. Geht gar nicht mal so schnell. Bei dir? Geht gar nicht mal so einfach.

Bei dir ist das Licht, du vergisst mich nicht.

Puh. Ob das so stimmt? Du vergisst mich nicht? Nimmst den Mund doch ganz schön voll. Kannst du halten, was du versprichst? Ich atme ein und wünsche mir, dass es stimmt. Dass du auch an mich denkst.

Bei dir ist die Hilfe, bei dir ist die Geduld.

Dass du mir eine Hilfe bist. Dass du mir hilfst geduldiger zu sein. Auch mal abzuwarten. Eine Stille zu nutzen, um herauszufinden was ich will.

Ich verstehe deine Wege nicht,

Ich atme aus und genauso unberechenbar wie die sich bildenden Formen des Atems fühlt sich der Weg an, auf dem ich bin. Da geht es entlang und dann ist es weg.

aber du weißt den Weg für mich.

Das ist wohl alles, was mir bleibt. Die Sonne ist aufgegangen. Der Nebel ist weg. Meinen Atem sehe ich nicht mehr. Ich fang‘ dann mal meinen Tag an.

Bodenhaftung

Leg deine Schuhe ab; denn der Ort, wo du stehst, ist heiliger Boden. 2. Mose 3,5b

– der vetrocknete Stoppelrasen meiner Kindheit im Garten meiner Eltern, auf dem ich die ersten Schritte machte

– die Pflastersteine unter der Laterne, unter der wir uns das erste Mal küssten

– die Grashalme im Innenhof der Uni, auf denen wir im Februar picknickten

– der Waschbeton des Balkons in der WG von vorletztem Sommer

– der Waldboden heute morgen beim Laufen

– die Kieselsteine in der Freiluftdusche im Zeltlager, durch die das Wasser direkt zurück in den Fluss geht

– die Küchenfliesen vor dem Herd, auf dem ich jeden Tag ohne Sorgen mein Essen kochen kann

– der Bahnsteig, auf dem ihr gleich ankommt

– die Felsen unterm Gipfelkreuz

– der Bächlekanal an einem warmen Sommerabend

– der Matsch beim Silvesterzelten, der in all den Jahren immer tiefer wurde

– der Teppichboden der Unibib, der flüstert „Tu was!“

– der weiche Sand am Hamburger Elbstrand zu jeder Jahreszeit

– der Sandstein im geliebten Wald

Lass uns mal wieder barfuß laufen, um zu merken, dass wir leben,

und zu spüren, wo wir ihm begegnen können.

Kitschig, romantisch, platt – mag sein.

Lebenswert – dennoch!