Du (er)trägst mich

Immer wieder sind sie da.
Diese Momente in denen man sich selbst ertragen muss.
Wenn man mal wieder Geisel seiner selbst ist.

Mir fallen zu genüge Dinge ein, die ich an mir ändern will, ändern sollte, ändern könnte…?

Doch da sind sie.

Wer?

Die Menschen, die mich ertragen und aushalten.
Die Menschen, mit denen ich Tränen lachen und das Leben gebührend feiern kann.
Die Menschen, die mir aber auch mal sagen, wie blöd ich sein kann.
Die Menschen, mit denen ich weinen kann.

Ich habe oft das Gefühl, dass ich viel zu wenig erwähne, wie sehr ich euch brauche und wie viel Kraft ihr mir gebt, mich manchmal selbst zu ertragen.

Mit euch kann ich meine Zweifel beiseite räumen und zumindest für einen Moment fest daran glauben, dass es dich gibt.

Mitten unter uns.

Ich glaub‘, gestern hab ich Gott getroffen

Einer dieser schei schlechten Tage:

Wecker zu früh. Dusche zu heiß, zu kalt, zu heiß. Klamotten zu ungebügelt. Kaffee zu umgefallen.

Kalender zu voll. Menschen zu viel. Büro zu Büro.

Und als mir dann noch an der Kasse die Erdbeeren – ja, an beschi besondern Tagen will man sich was Gutes tun – und als mir dann also noch an der Kasse die Erdbeeren aus der Schale auf das Fließband rollen, sehe ich wohl mit dem stummen Fluch in meinem Gesicht so sehr nach dieser Art Tag aus, dass mich die Kassiererin erst mitleidig anguckt und dann lacht. Und dann lachen wir beide. Einfach so.

Ach so. Ja, Gott? Der war da irgendwo. Auch an der Kasse. Nicht direkt die Kassiererin. Nicht ihr Lachen. Nein, auch meins nicht.

Dazwischen.

„Dann noch einen schönen Tag.“ „Ihnen auch. Danke.“

Wetter immer noch zu…

Gut Pfad!

Pfadfindergruß.

Ein Zwölfjähriger hat mir mein Leben erklärt.

Er streckt mir seine linke Hand entgegen. Der Pfadfindergruß.

Mit der linken Hand. Seltsam.

Und die rechte Hand finde ich noch seltsamer und frage nach.

Die drei mittleren Finger ausgestreckt. Daumen und kleiner Finger werden übereinander gelegt.

Alles hat seine Bedeutung und es ist so banal. Und so wichtig zugleich.

Der Daumen liegt über dem kleinen Finger. – Der Große beschützt den Kleinen.

Der erste der mittleren Finger erinnert mich an Gott. – Der zweite an meine Mitmenschen. –  Und der dritte an mich selbst.

So einfach und doch stehe ich wie vom Donner gerührt da.

Wie oft habe ich den dritten Finger vergessen?

Türen dieser Welt

Es bringt mich aus der Fassung. Wie viele Leute sich dagegen wehren, Flüchtlingen die „Türe aufzumachen“. Wie viele Sätze in dieser Richtung mit „Ich stelle weder die Menschenrechte in Frage, noch bin ich ausländerfeindlich“ beginnen und einem gesprochenen oder hörbar gedachten „…, aber…“ beendet werden.

Gleichzeitig stehen viele Andere für Flüchtlinge ein und auf, versuchen zu argumentieren und zu begründen, warum es gut, gerecht, sinnvoll, gewinnbringend,… ist, fremde Menschen im „eigenen Land“ aufzunehmen.

Was mich dabei immer häufiger zum Nachdenken bringt: Warum braucht es diese vielen verschiedenen Argumentationen? Egal ob religiös motivierte („Jesus war ja auch ein Flüchtling“), oder solche, die besagen, „dass das alles gar nicht so schlimm ist – immerhin kenne man doch bestimmt den und den – und der war ja auch mal Flüchtling und sei doch jetzt ein guter Bürger…“, sie alle rechtfertigen und suchen wortreich nach Begründung.

Warum reicht es denn nicht schlichtweg, dass es einem Menschen schlecht geht, jemand kein Zuhause hat, um sein oder ihr Leben bangen muss?
Warum ist diese himmelschreiende Ungerechtigkeit nicht schon Grund genug?
Ist sie nicht Grund und die Menschen, die nach Schutz suchen, nicht Anlass genug, mir mal wieder zu überlegen, wem diese Welt denn nun gehört?

Es mag naiv klingen, aber reicht das nicht? Reicht das nicht aus, um Menschen zumindest die „Tür“ „meines Landes“ aufzumachen?

Wer hat diese Tür überhaupt gebaut? Gehört die Welt nicht allen, die auf ihr herumlaufen?!