Mimimi – er hat Jesus gesagt!

Religion und Werbung – was auf den ersten Blick kaum zusammenpasst, wird dennoch oft kombiniert. Religiöse Anspielungen scheinen vor allem dann in den Köpfen der Werbemacher*innen aufzupoppen, wenn man nach etwas Provokantem sucht. Jüngstes Beispiel: Der Schweizer Bikini-Modemacher „Ta-bou“. Ein hübsches Model räkelt sich vor einem Holzkreuz, daneben der Spruch: „Nicht wie Jesus oder Alexander! Wir machen weiter … seit 38 Jahren!“ (Hier der Link zum Plakat.)

Ich stelle mir den Dialog derer vor, die sich das ausgedacht haben:

„Wir brauchen mal wieder etwas, das uns ins Gespräch bringt.“

„Jesus!“

„Gute Idee. Uns gibt es jetzt seit 38 Jahren. Wurde Jesus nicht 38 Jahre alt?“

„Moment…Google sagt: 33. Und Alexander der Große wurde auch nur 33!“

„Mist, fünf Jahre zu wenig. Andrerseits … Egal. 38, 33 – was machen die paar Jährchen schon für’n Unterschied. Tot ist tot. Jesus ist gut, das zieht. Da regen sich die Frommen schön auf!“

Und klar: Es hat funktioniert. Man* regt sich auf.

Ich wünsche mir manchmal, dass wir auf solche „Provokationen“ einfach nicht reagieren. Wenn ich ein solches Plakat oder etwas anderes in der Art sehe, denke ich mir: So what? Was hat das für mich für eine Bedeutung? Ganz unabhängig davon, wie beleidigend oder provokativ es ist. Es ist doch wie im Kindergarten: Der*die eine ärgert weiter, solange sich der*die andere drüber aufregt. Sobald der*die das aber einfach dauerhaft ignoriert, ist Schluss – die Provokation macht einfach keinen Spaß mehr. Ist das so schwer, sobald man aus der Pubertät raus ist?

Und abgesehen davon: Müssen wir Christ*innen uns wirklich stellvertretend für Gott aufregen? Ich glaube, das kriegt der Allmächtige schon ganz gut alleine hin. Vermutlich geht’s da aber dann um ganz andere Sachen, und nicht darum, ob im Kopf irgendeiner*s Werbefachfrau*manns ab und an Mal „Jesus“ aufpoppt.

I believe in you

Es ist spät.

Zu spät, um noch klar denken zu können. Doch der Papierstapel vor mir schreit mir entgegen: „Schaff was! Feierabend ist nicht!“

Ich bin genervt und kann nicht anders als zweifeln, ob ich mir nicht doch zu viel vorgenommen habe und ob ich das wirklich schaffen kann.

Während ich rumzweifele statt voran zu machen, singt mir irgendwer aus irgendeiner spotify-Playlist zu: „I believe in you!“

Schön. Danke.

Kurz ist die Hintergrundbeschallung keine Hintergrundbeschallung mehr.

Ich schaue nach, wer das ist, der da so viel von mir hält. Er heißt Tyler Hilton. Was er sonst noch so in seinem Lied singt, ist mir egal. Ich muss auch nicht unbedingt weitere Lieder von ihm hören.

Aber sein Credo gefällt mir, weil ich mir einbilde, dass es mir gilt.

Es lässt mich in dem Moment alle vergessen, die so tolle Sätze gesagt haben wie „Ambitionierte Ziele!“, „Wie soll das gehen?“, „Da hast du dir aber was vorgenommen…“

Und ich erinnere mich an die, die gesagt haben „Das wird schon klappen.“, „Ich mach mir da keine Sorgen, du bekommst das hin.“, „Ich glaube an dich.“

Es ist immer noch zu spät. Und auch der Papierstapel nervt mich immer noch. Aber ich kann jetzt anders als zweifeln.

„I believe in you!“

Hört sich gut an, fühlt sich gut an, danke!

Danke, spotify! Danke, Tyler! Und eigentlich danke euch, die ihr wirklich mich meint…

I Believe In You (ft. Tyler Hilton)

Her mit dem Roboter-Missionar!

Manchmal können Lösungen so einfach sein! Das dachte ich zumindest, als ich in den vergangenen Tagen über den buddhistischen Roboter-Mönch gestolpert bin (virtuell, versteht sich). Das kleine Kerlchen namens Xian’er hat einiges auf dem Kasten: Er kann über den buddhistischen Glauben aufklären, Gebete aufsagen und sich frei im Tempel bewegen. Das soll er auch tun, denn Xian’er ist dazu gemacht, zu demonstrieren, dass sich Glaube und Wissenschaft nicht widersprechen und so neue Gläubige zu gewinnen. So sieht das aus:

China's robot monk has lessons on Buddhism

Sowas könnten wir doch auch gut gebrauchen. In Zeiten von Pfarrer*innen- bzw. Priestermangel und Gemeinden, die zusammengelegt werden wären Roboter  eine tolle Entlastung. Lästige Fragen in Glaubenssachen, auf die sowieso jeder andere Antworten gibt – endlich könnte hier für Ordnung gesorgt werden. Eine zentrale Datenbank auf Abruf, fertig. Und das, ohne wertvolle Arbeitszeit der Geistlichen für zeitraubende persönliche Gespräche zu vergeuden.

Und bei Predigten erst! Man könnte die Langeweile aus dem Quellcode streichen, zack, schon hält es uns vor Spannung kaum noch auf den Kirchenbänken. Licht- und andere Effekte sind heutzutage auch kein Problem mehr (Idee: Augen, die plötzlich rot leuchten, wenn das Wort „Hölle“ vorkommt, vielleicht noch mit etwas Schwefeldampf aus den Ohren). So wird der Kirchenbesuch künftig auch bei Protestant*innen ganz unaufwendig zum Erlebnis, das alle Sinne anspricht.

Nicht vergessen darf man natürlich das eingebaute Staubsaugermodul, das beim Kirchen-Roboter keinesfalls fehlen darf. Wenn der Roboter sich selbstständig bewegt, kann er dabei auch gleich saubermachen. Wieder Geld und Zeit gespart.

Ein ganz netter Nebeneffekt: Roboter sind cool. Der Bezug zur Lebenswelt derer, die er erreichen möchte, fiele einem Roboter-Missionar nicht schwer. Star Wars, Ex Machina, Terminator, RoboCop – in Sachen Anschlussfähigkeit sind Roboter auf der sicheren Seite. Langfristig, garantiert.

Worauf warten wir also noch?

Du weißt den Weg für mich?

Taizé – tausende Jugendliche und junge Erwachsene wimmeln wie in einem riesengroßen Ameisenhaufen umher. Hier wird gesungen, da gespielt, woanders einfach nur geredet.

Mittendrin bin ich. Obwohl ich nun schon zum dritten Mal hierher komme, begegne ich Taizé immer noch skeptisch. Vieles geht mir hier auf den Senkel. Regeln, Kontrolle und vieles andere.

Aber da sind auch noch die Gebetszeiten in der Versöhnungskirche in Taizé.

Alle sitzen auf dem Boden, singen gemeinsam die bekannten Gesänge und schweigen gemeinsam fünf Minuten. Irgendwie befreiend.
In den kleinen Momenten, in denen ich die perfekte Sitzposition gefunden habe und mein Rücken sich nicht beschwert, kann ich abschalten.

Ein Gesang aus Taizé geht mir dabei immer wieder durch den Kopf.

Gott, laß meine Gedanken sich sammeln zu dir.
Bei dir ist das Licht, du vergißt mich nicht.
Bei dir ist die Hilfe, bei dir ist die Geduld.
Ich verstehe deine Wege nicht,
aber du weißt den Weg für mich.

Der Text entstand aus einem Gebet von Dietrich Bonhoeffer.

Gefangen und in Todesangst schreibt Dietrich Bonhoeffer diese Zeilen voller Vertrauen in dich.
Eine schöne, vielleicht auch naive und beängstigende Vorstellung. Du weißt den Weg für mich.
Aber diese Zeilen erreichen mich. Erst recht, wenn ich weiß, wer sie verfasst hat.

Im ständigen Wiederholen dieses Liedes werde ich tatsächlich ruhig und bekomme Mut.
Mut zur Hoffnung.
Mut zum Glauben.
Mut auf diesen Weg zu vertrauen.
Mit dir.

httpv://www.youtube.com/watch?v=D7DiR–b9DQ

Die Frage.

Samstag Abend, 00:43.

Ich stehe in der Küche eines entfernten Bekannten.
Bier Nummer 4 (?!) dümpelt lauwarm und abgestanden in meiner Hand herum.
„Na, zum Glück hast du´s in die Küche geschafft, das ist ja auf der Party der einzige Raum in dem geraucht werden darf“, denk ich mir noch und verfluche leise murmelnd die olle Nikotinsucht.

Das wiederum nimmt der nette junge Mann neben mir – gesehen hab ich den schonmal irgendwo – zum Anlass ein Gespräch zu eröffnen.

„Auch noch´n Bier?“
Ich Trottel hab in meine Plörre aus versehen reingeascht.
„Ja, gerne!“, lächle ich.

Und so entwickelt sich eines dieser Gespräche, die man schon tausend mal geführt hat.
Innerlich zähle ich die Sekunden, bis die am meisten gefürchtete aller Fragen fällt:
„Und was studierst du so?“

Versteht mich nicht falsch: Ich habe kein Problem damit, katholische Theologie zu studieren.
Mal abgesehen von der ein oder anderen Dogmatikvorlesung.
Die Probleme scheinen eher die anderen zu haben.

Und so überlege ich noch kurz einfach „Ähm… Kunstgeschichte?“ zu antworten.
Das lass ich dann aber doch und entschließe mich, die Angelegenheit genauso schnell zu regeln wie das Abziehen eines Pflasters:
„Katholische Theologie.“

Vor meinem inneren Auge läuft ein Film mit den verschiedensten Reaktionen, die ich beim Beantworten dieser Frage schon erleben durfte …
„Ah… Frauenrechte sind dann wohl nicht so deins?“
„Dabei wirkst du ja erstmal ganz nett…“
„Uh, ich war ja nach dem Abi in Nepal und habe da mit buddhistischen Mönchen meditiert und meine innere…“
„Kinderschänder? Dann hat sich das Gespräch hier wohl erledigt.“
oder der Standartfall: „Und dann wirst du Priester? Aber warum?“

Bis man seinem Gegenüber dann erklärt hat, dass man nicht Priester werden muss wenn man Theologie studiert, ist die Party auch fast schon wieder zu Ende.

„Und wie ist Gott so?“

Peng! Meine Mutter würde sagen, mein Gesicht sieht aus „wie ne Kuh, wenns´s blitzt“.
Baff lächle ich mein Gegenüber an und antworte irgendwann:
„Naja, gut – und… fair“ – Was für eine behämmert grenzdebile Antwort.

Aber ich werde erneut überrascht.
Der nette Typ in der Küche lässt sich auf meine Meinung ein.
So entspinnt sich ein Gespräch über Gott und die Welt, über Leben und Tod, Sinn und Unsinn von allem.

Stunden später bin ich lächelnd und ein wenig beschwippst wieder zu Hause und liege in meinem Bett.
„Zum Glück studierst du nicht Kunstgeschichte“, murmele ich noch zu mir selbst und schlafe ein.

Immer dieser Frühling

Müde, motivationslos, gestresst davon zu entscheiden, was ich heute anziehen soll… mein Leben ist schon echt schwer. Kapiert das denn niemand? Draußen scheint die Sonne und ich komme gar nicht dazu, das schöne Wetter zu genießen. Muss ja erst noch ausschlafen, damit ich fit bin. Wie so ein Kirschbaum im Garten, der braucht ja auch noch ein paar Tage, bis er soweit ist und anfängt zu blühen.

Die nächste Entscheidung und was ich als nächstes tue, will schließlich gut vorbereitet sein. Mit viel Schlaf, Ruhe und Zeit für mich. Und wenn ich dann genug reflektiert habe, schreibe ich noch schnell was darüber, wie das so war, das Reflektieren und Entscheiden. Und dann kann es ja losgehen – dann werde ich sehen, wie viele Likes der Artikel bekommt, wie oft wir bei twitter geteilt werden – und damit hab ich ja eigentlich auch schon viel zu tun und viel getan. Oder? Dann werde ich ja sehen, ob das Sinn macht, was ich vorhabe – oder ob es eh egal ist. Dann kann ich nochmal neue Perspektiven in meine Entscheidung einfließen lassen und überlegen, wie ich damit weitermache. Und vor allem nicht vergessen, zu überlegen, wie ich mich dabei fühle.

Ganz ehrlich? Ich kann mir selbst bald nicht mehr zuhören. Ja, meine Perspektive zählt und ich kann nur das gut machen, was mir entspricht. Aber: Mein Leben läuft. Jetzt. Nicht nur für mich. Sondern auch für andere. Und wenn ich ehrlich bin, sind meine Probleme gar nicht so tragisch. Also los.

„Risen“ – ein Ereignis, das verändert?

„I believe I can never be the same.“ Mit diesen Worten fasst der Protagonist des Films „Risen“ (deutsch: „Auferstehung“) zusammen, was er über die merkwürdigen Ereignisse nach der Kreuzigung Jesu denkt. Es sind eindrucksvolle Worte nach der Hetzjagd nach dem Leichnam Jesu und nach einer Begegnung, die der römische Tribun nie für möglich gehalten hätte.

Die Auferstehung als Thema eines Hollywood-Films, die Botschaft so klar und deutlich wie in der Bibel selbst. Irgendwie schade. Eine Neuinterpretation, eine herausfordernde Spielart, die bisher Geglaubtes hinterfragt, mich aufregt, mich fordert – wäre das nicht viel spannender gewesen als eine alte Geschichte in neuem Gewand?

Dennoch: Die finalen Worte hallen auf dem Weg aus dem Kinosaal in meinem Kopf nach. „I believe I can never be the same.“ Und da dämmert es: Ist das provozierende vielleicht gerade die Frage, die mir der Film mit diesem Schlusssatz mitgibt? Was könnte herausfordernder sein, als mich aufzufordern, mir ganz konkret zu überlegen: Was verändert Ostern – in meinem Alltag, meinem Innern, meinem Leben?

Der Kuss unter’m Kreuz

DRANGSAL - "ALLAN ALIGN" (Official Video)

Eine aufgerüttelte Frau sitzt nach einem Rosenkrieg in ihrer Wohnung. Sie betet. Macht sich auf den Weg in die Kirche, trifft dort einen Priester. Alleine. Empfängt das Abendmahl – um schließlich den Priester zu küssen, sich an ihn zu schmiegen. Bei ihm findet sie Ruhe.

Das Musikvideo von „Allan Align“, der neuen Single von Drangsal, provoziert mich. Es spielt, wie in der Popkultur häufig zu finden, mit gängigen Stereotypen über Kirche, die mich stören. Und dann das sexuell aufgeladene Abendmahl – beim Brot ist noch alles normal, doch statt Wein gibt es einen innigen Kuss vom Priester.

Doch ich frage mich: Was genau stört denn daran? Das Video spielt gewollt mit provokanten Szenen. Haben wir in der Bibel nicht Texte, die noch viel provokanter sind – das Hohelied zum Beispiel ist um einiges extremer als dieses Video. Und immer wieder wurde der Text aus dem Alten Testament ausgelegt als Beschreibung der Liebe zwischen Gott und Israel bzw. Gott und Kirche. Die erotische Dimension ist ein (harmloser) alter Hut.

Eigentlich ist es doch schön: Die Kirche als Ort der innigen Begegnung – in einem Pop-Video. Als der Ort, an den man* kommt, wenn das Leben im Chaos versinkt; an dem man* Trost findet in der intensiven Gemeinschaft unter dem Kreuz. Je mehr ich darüber nachdenke – daran kann ich nichts Anstößiges finden. Im Gegenteil.

Durst?!

Durst. Wenn ich ehrlich bin, dann ist die drängendste Frage, die ich mit Durst verbinde, die Frage, ob ich jetzt ein Radler oder eine Apfelschorle, vielleicht doch eine Cola oder schlicht und ergreifend Wasser trinken will.

Durst. Dem Wort fehlt in meinem Erleben, so ehrlich muss ich sein, irgendwie der Schrecken.

Und doch kenne ich die Bilder von Landstrichen, die zu Steppen werden, von Tieren und Menschen, die dem Durst zum Opfer fallen, während für mich Wasser immer nur eine Hahndrehung entfernt ist.

Und ich kenne die Diskussionen über die Privatisierung von Quellen und das Grundrecht des Menschen auf Wasser.

Aber die Tatsache, dass wir Menschen Dinge brauchen, die eigentlich so leicht zu haben wären, wenn nicht die Umstände und – schlimmer noch – andere Menschen (und wir selbst) uns daran hindern würden, diese Tatsache kommt mir erschreckend bekannt vor: Frieden, Freiheit, Ehrlichkeit,… die Liste können wir alle fortsetzen. Das ist doch auch ein Durst. Irgendwie.

Aber: Wie gehe ich damit um? Mit dem einen Durst? Mit dem anderen?

Auf jeden Fall will ich mich auf den Weg machen und suchen. Weitersuchen. Nach den Quellen, den Quellen des Lebens, wie man so sagt. Um diese mit den anderen zu teilen. Um den Durst zu stillen. Immer wieder. Denn Durst haben wir dann doch alle.

In Kooperation mit katholisch.de befassen wir uns die Fastenzeit mit den 7 Werken der Barmherzigkeit. Montag, Dienstag, Mittwoch, Freitag und Samstag veröffentlichen wir einen Gebetsimpuls auf der katholisch.de Facebookseite. Und jeden Sonntag einen Gedanken auf unserem Blog. Alle Gedanken sind unter Fastenaktion 2016 abrufbar. #barmherzlich