Der Fremde ist fremd.

Ja, wer ist das denn?

Der Fremde.
„Ein Schmarotzer! Der nimmt uns die Arbeit weg! Schützt unsere Kinder!“
Aha. Wie treffend.

Der Fremde, wer ist das?
„Asylantenpack! Weg damit! In Auschwitz ist noch Platz!“
Aha. Wie widerlich.

Der Fremde, wer ist das?
Ein Flüchtling – der flüchtet also. Vor was?
Vor Krieg. Vor Tod. Vor Hunger.
Der will weg.
Weg von Menschen, die Kinder töten.
Weg von Schutthaufen, die mal Städte waren.
Weg von zu Hause – weil er weiterleben will.

Und jetzt ist er hier, hat sich durchgekämpft.
Er hat (irgendwie) überlebt, steht hier, ist angekommen –

… und ist fremd.

Na super.
Da ist er gerannt, geschwommen, gehetzt.
Er hat gehungert, hat tagelang nichts getrunken.
Hat Schlepper*innen überlebt und Schiffe, die diesen Namen nicht verdient haben.

Und steht hier und ist fremd.
Und wir rümpfen die Nase.

Ich gehöre zu der Generation, die Dreiviertel ihres moralischen Kompasses aus Disneyfilmen generiert hat.
Deswegen darf ich hier auch ohne Probleme Pocahontas zitieren:
Für dich sind echte Menschen nur die Menschen,
die so denken und so aussehn wie du.
Doch folge nur den Spuren eines Fremden,
dann verstehst du, und du lernst noch was dazu. (…)
Fremde Erde ist nur fremd, wenn der Fremde sie nicht kennt!

derfremde

Der Fremde, wer ist das?

Schmarotzer.

Flüchtling.

Sozialfall.

Armer.

Pack.

Mensch.

Türen dieser Welt

Es bringt mich aus der Fassung. Wie viele Leute sich dagegen wehren, Flüchtlingen die „Türe aufzumachen“. Wie viele Sätze in dieser Richtung mit „Ich stelle weder die Menschenrechte in Frage, noch bin ich ausländerfeindlich“ beginnen und einem gesprochenen oder hörbar gedachten „…, aber…“ beendet werden.

Gleichzeitig stehen viele Andere für Flüchtlinge ein und auf, versuchen zu argumentieren und zu begründen, warum es gut, gerecht, sinnvoll, gewinnbringend,… ist, fremde Menschen im „eigenen Land“ aufzunehmen.

Was mich dabei immer häufiger zum Nachdenken bringt: Warum braucht es diese vielen verschiedenen Argumentationen? Egal ob religiös motivierte („Jesus war ja auch ein Flüchtling“), oder solche, die besagen, „dass das alles gar nicht so schlimm ist – immerhin kenne man doch bestimmt den und den – und der war ja auch mal Flüchtling und sei doch jetzt ein guter Bürger…“, sie alle rechtfertigen und suchen wortreich nach Begründung.

Warum reicht es denn nicht schlichtweg, dass es einem Menschen schlecht geht, jemand kein Zuhause hat, um sein oder ihr Leben bangen muss?
Warum ist diese himmelschreiende Ungerechtigkeit nicht schon Grund genug?
Ist sie nicht Grund und die Menschen, die nach Schutz suchen, nicht Anlass genug, mir mal wieder zu überlegen, wem diese Welt denn nun gehört?

Es mag naiv klingen, aber reicht das nicht? Reicht das nicht aus, um Menschen zumindest die „Tür“ „meines Landes“ aufzumachen?

Wer hat diese Tür überhaupt gebaut? Gehört die Welt nicht allen, die auf ihr herumlaufen?!