Die Bibel ist die Heilige Schrift des Christentums. Doch sie nutzt sich ab, wird zerlesen, verliert Blätter. Viele Menschen haben Hemmungen, eine Bibel wegzuschmeißen. Aber wohin damit? Wer Google fragt („Darf man Bibeln wegwerfen?“) landet mit dem ersten Treffer auf einem Beitrag bei „wikiHow“: „Eine Bibel entsorgen“. Der ist (teilweise) ziemlich lustig – und zeigt eine gewisse Schizophrenie auf, die ich auch auf mich beziehen kann.
Da geht es darum, eine Bibel, die entsorgt werden soll, „respektvoll“ zu entsorgen, obwohl zugleich betont wird, dass das Buch an sich keine Bedeutung hat. Das könne etwa geschehen, indem man die Bibel in Zeitungspapier einwickelt und so vom übrigen Müll trennt. Oder indem man ein Gebet spricht beim Entsorgen. Oder indem man, kein Witz, eine Beerdigung organisiert, samt Familie und kleiner Grabstelle. Zum Glück fehlt folgender Hinweis am Ende nicht: „Die meisten Christen denken, dass der Inhalt der Bibel sie heilig macht und nicht das Papier und die Tinte. Daher ist es völlig unbedenklich, sie wie ein normales Buch zu entsorgen.“ Warum also dann die ganzen Ausführungen? Ab in die Tonne damit!
Ich sage das auch zu mir selbst – denn das Unbehagen, das man verspürt, wenn man eine alte, kaputte Bibel entsorgt, kenne ich. Woher kommt es? Ist es vielleicht die Angst, ich könnte durch das „unsachgemäße“ Entsorgen der Bibel Gott beleidigen? Das ist ein blödsinniger Gedanke. Vielleicht ist es die Assoziation, seine Glaubensgrundlage zu entsorgen? Auch das: Blödsinn, denn die hat ja mit dem Buch nichts zu tun.
Vielleicht hat es mit der Geschichte zu tun, die ich mit einem Buch habe. Und das ist mehr als dessen Inhalt: Ein Buch kann – als Objekt – Begleiter sein. In besonderen Situationen dasjenige gewesen sein, das ich aufgeschlagen habe. Das macht nicht das Buch an sich besonders – aber es erklärt vielleicht, warum es mir schwerfällt, mich davon zu trennen.