Zwischen

Zwischen ist so ein schönes Wort. Denn es beschreibt Übergänge, die mein Leben ausmachen. Das Studium gleitet in den Beruf über. Ein Zustand, den ich durchaus schätzen gelernt habe. Der aber an Tagen, die ich in den Räumen verbringe, die sieben Jahre lang mein Zuhause waren, Wellen der Nostalgie und des Selbstmitleides auslöst. Inzwischen verändert sich auch dieser Raum, wird umgebaut, und scheint sich damit dem gesamten Prozess, den man so als Uni-nach-7-Jahren-Beenderin durchmacht, anzupassen.

Eine Übergangsphase, ein Umbau, unfertig. Zwischen alt und neu, zwischen Vergangenheit und Zukunft (wenn man das so episch sagen will). Ich überlege, ob es nicht immer nur ein Dazwischen gibt, ob dieser Mythos vom „Ankommen“ nicht völliger Quatsch ist. Immer kommt etwas Neues auf uns zu, immer liegt etwas anderes hinter uns, der Horizont (schon wieder so ein episches Wort) zieht.

Es gibt Tage, da fällt das weniger auf, da erscheint mir das natürlich und selbstverständlich, immer auf was Neues zu schielen, mich auf Dinge vorzubereiten und die dann hinter mir zu lassen.

An anderen Tagen (heute ist so einer) ist das Dazwischen schwer zu ertragen. Wo bin ich denn zu Hause? Wo will ich eigentlich hin? Warum liegen so viele Sachen schon hinter mir? Warum bin ich nie zufrieden mit dem, was gerade ist?

Dazwischen. Im Alten Testament bedeutet Gottes Name „Ich bin da.“ Und dass „da“ überall und nirgendwo ist,  zeigt er immer wieder ziemlich eindrucksvoll im „Zwischen“. In den Zweigen des Dornbusches, der Feuer fängt, bei den Jüngern, die nachdem Jesus gestorben war, kopflos durch die Gegend liefen. Und gerade ja auch zwischen den Zeiten, irgendwo zwischen Damals – Jetzt – Ewigkeit.

Deshalb: Gott, auf ein Wort im Zwischen.

Mehr zwischen gibt’s unter http://netzgemeinde-dazwischen.de/

An Tagen wie diesen

Dieser Text ist im Schriftgespräch unter den Autor*innen entstanden.

An Tagen wie diesen wünscht man sich Unendlichkeit.
An Tagen wie diesen haben wir noch ewig Zeit.
In dieser Nacht der Nächte, die uns soviel verspricht,
erleben wir das Beste, kein Ende ist in Sicht.

Das Beste – unendlich Zeit mit denen, die mir wichtig sind – ist es das?

Wenn wirklich alles perfekt ist, dann habe ich manchmal das Gefühl, die Zeit bleibt für einen Moment stehen, Leben im Zeitraffer. Ein Moment, der gefühlt noch ewig so weitergehen könnte. Aber was verspricht mir eigentlich diese „Nacht der Nächte“? Und wird mir im Angesicht der immer größer werdenden Zahl von Angriffen auf unser Leben nicht gerade unser Ende immer stärker vor Augen geführt? Also echt – kein Ende in Sicht?

Was ist das Beste, was wir erleben? Geht es nicht vielleicht morgen noch besser?

Dann wäre es ja die Hoffnung, dass immer was noch Besseres kommt. Aber wo endet diese Hoffnung? Am Lebensende oder danach? Und worauf hofft sie eigentlich, diese Hoffnung? Auf ‚Partys auf Wolken?‘ auf den Weltfrieden, ein Ende an dem alle irgendwie versöhnt sind, oder auf den persönlichen Frieden?

Worauf hofft die Hoffnung? Gute Frage. Natürlich hoff ich auf all das, auf Weltfrieden, Versöhnung und inneren Frieden. Und zwar nicht punktuell, sondern à la „kein Ende in Sicht“. Denn ohne die Hoffnung auf all das verzichte ich gerne auf die Unendlichkeit.

Ob sich diese Hoffnung erfüllt? Ich bin gespannt. An Tagen wie diesen, mit der Osterbotschaft noch im Kurzzeitgedächtnis und umgeben von Menschen, die mein Leben lebenswert machen, kann ich leichter daran glauben, dass die hoffende Hoffnung nicht aussichtslos ist. Aber ich bin auch darauf gefasst, dass auch wieder andere Tage kommen.

Tage, die eben nicht wie dieser sind.
Tage, an denen der Terminkalender aus allen Nähten platzt.
Tage, die dann doch sehr endlich sind.

Dann merke ich, dass ich wohl doch nicht ewig Zeit habe…
Aber ich merke auch, dass ich mich fokussieren muss.
Und weiß plötzlich wieder, wie ich die kleinen Fluchten im Alltag für mich nutze.

Helikopter-Gott

Vor ein paar Tagen habe ich im Fernsehen einen Beitrag über sogenannte „Helikopter-Eltern“ gesehen. Aus unterschiedlichen Gründen, aber immer auf einem fragwürdigen Verständnis von Liebe basierend, überwachen und behüten solche Eltern absolut überfürsorglich ihre Kinder – sie umkreisen sie immer, eben wie Beobachter*innen in einem Helikopter.

Im Beitrag wurden verschiedene Beispiele gezeigt; für mich eines irritierender als das andere: Grundschulen, die vor der Schule sogenannte „Kiss and go“-Zonen einrichten, die verhindern sollen, dass Eltern ihre Kinder sogar bis vors Klassenzimmer bringen; Jugendliche, die dem Druck ihrer überfürsorglichen Eltern nicht standhalten und Polizist*innen, die davon berichten wie oft Eltern von Studierenden sich bei der Polizei mit der Bitte melden, mal in der Studentenbude vorbeizuschauen, da sie das Kind seit geschlagenen sechs Stunden nicht erreichen.

Ich musste an mehreren Stellen bei diesem Beitrag schmunzeln und bin sehr froh, dass meine Eltern nicht so sind. (Auch hoffe ich, dass ich als Vater nie so sein werde.)

Am nächsten Tag habe ich mit einem Freund beim Fußball über diesen Beitrag gesprochen. Ich habe ihm ungefähr genau das erzählt, was ich gerade aufgeschrieben habe. Sofort warf er mir vor: „Ach komm, du bist katholisch! Das ist so übelst Helikopter! Gott guckt jeden die ganze Zeit an und so…“

Da war ich platt. Normalerweise gebe ich mich in Diskussionen nicht so leicht geschlagen, aber bei diesem Einwurf hatte ich so schnell keine passende Antwort parat. Denn so wie er und ich es damals im Kommunionuntericht und Co. beigebracht bekommen haben, mit der Rede über einen Gott, der immer über einen wacht, so ist das schon ziemlich Helikopterstyle.

Es ging mir einfach nicht aus dem Kopf.

Ich bin den Beitrag mit seinen Beispielen nochmal durchgegangen. Und vielleicht zeigt sich ja durch das ständige Begleiten und Sorgen auch eine besonders Art von Liebe und Zuneigung der Eltern. Vielleicht. Aber Gott handelt anders: Bei Jona gab es vor Ninive keine „Kiss and Go“-Zone, der Prophet Ijob wurde von Gott unter großen Druck gesetzt und bei Jesus kam auch kein*e Polizist*in, nur weil er mal 40 Tage in der Wüste war. Nein, mein Gott ist kein Helikopter. Mein Gott hat Zutrauen. Das ist echte Liebe.