Meine Freiheit

Ich hasse es abhängig zu sein.
Nicht im Sinne davon, dass eine*r für mich da ist. Dass ich mich auf jemanden verlassen kann. Nicht das Gefühl von Fallen-Lassen. Aufgefangen werden. Ausruhen.

Sondern das Abhängig-Sein.
Der Zwang, dass ich mich fallen lassen muss. Dass ich nicht von alleine aufstehen darf. Dass ich immer die Hilfe brauche, die mir angeboten wird. Dass da eine Person ist, die denkt besser zu wissen, was ich denken, fühlen, sagen, lassen sollte.

Personen, die versuchen meine Freiheit an ihre beschränkten Ketten zu legen, um es mir als eine besonders erhabene Form der Freiheit zu verkaufen. Bis ich nach Tagen, Wochen, Monaten, Jahren endlich begriffen habe, dass eine erhabene Form der Kette trotzdem eine Kette ist.

Um das zu erkennen, brauche ich oft andere. Die mir beistehen. Mir die Ketten zeigen. Die helfen, um mir zu helfen und nicht gleichzeitig eine neue Kette schmieden. Die ein Interesse an meiner Freiheit haben.

Die wissen, dass ich ihnen auch bei ihren Ketten helfen werde.

In Kooperation mit katholisch.de befassen wir uns die Fastenzeit mit den 7 Werken der Barmherzigkeit. Montag, Dienstag, Mittwoch, Freitag und Samstag veröffentlichen wir einen Gebetsimpuls auf der katholisch.de Facebookseite. Und jeden Sonntag einen Gedanken auf unserem Blog. Alle Gedanken sind unter Fastenaktion 2016 abrufbar. #barmherzlich

Zwischenstopp

18.18 Uhr. Viel zu spät. Sie hatte eigentlich schon seit einer halben Stunde hier raus sein wollen. Aber dann hatte das Telefon nicht aufgehört zu klingeln und es war ja auch alles wichtig gewesen. Wirklich wichtig.

18.43 Uhr. Verdammt. Mit dem Pfleger hatte sie ausgemacht, um 18.00 Uhr da zu sein. Er wollte noch irgendwas mit ihr besprechen. Egal, in erster Linie ging es ihr darum, kurz reinzuschauen und dann möglichst schnell nach Hause zu kommen. Der Tag war lang genug gewesen. Warum hatte sie sich überhaupt darauf festnageln lassen, auf diesen Besuch? Und wo musste sie überhaupt hin in diesem riesigen Haus mit den 30 Fluren? Unschlüssig blieb sie erst vor einer Infotafel stehen, fand sich nicht zurecht und erfragte dann doch an der Pforte Zimmernummer und den Weg dahin.

Als sie den langen Flur betrat, war kein Mensch zu sehen. Keine Schwester, keine Angehörigen, nur der typische Krankenhausgeruch begleitete ihre Schritte. „Hoffentlich fange ich mir hier nix ein.“, dachte sie kurz und ging automatisch in Gedanken ihren Terminkalender durch. Nein, krank werden – das war einfach nicht drin im Moment.

18.48 Uhr. Unwillig und genervt klopfte sie an, nachdem sie noch einmal kurz überlegt hatte, umzudrehen und einfach wieder zu gehen. Aber das Pflichtgefühl drängte sie dazu, doch wenigstens kurz reinzuschauen. Als sie den Kopf in das Zimmer streckte, wurde sie erfreut begrüßt. Dann hörte sie sich mehr oder minder geduldig die ganze Krankengeschichte an, nickte höflich, tätschelte kurz die Hand, wünschte gute Besserung und verabschiedete sich hastig.

19.01 Uhr. Wieder auf dem Parkplatz, blickt sie sich erleichtert um. Geschafft. Pflicht erfüllt, Besuch abgestattet. Sie überlegt kurz, was geschehen war. Nicht viel. 10 Minuten. Geteilte Zeit, offenes Ohr, mitfühlendes Nicken. Viel gekostet hat es sie nicht, nur die Überwindung. Ein Blick in den Terminkalender zeigte, dass sie auch morgen irgendwo 10 Minuten rausschneiden konnte.
Vielleicht sogar 13.

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